Bundestag: Abgeordnete mssen Regenbogensymbole an Bros abhngen
Gegenber dem «Tagesspiegel» und in sozialen Netzwerken haben mehrere Bundestagsabgeordnete davon berichtet, dass sie die Bundestagsverwaltung aufgefordert habe, Regenbogenflaggen aus ihren Bros zu entfernen.
So teilte die Linken-Politikerin Stella Merendino ein kurzes Video, das die Flagge an einem Fenster ihres Bros zeigt im dritten Stock des Hinterhofes ihres Abgeordnetenbros an der Dorotheenstrae. «Wegen der Regenbogenflagge an meinem Bro im Bundestag wurde die Bundestagspolizei gerufen», schrieb die stellvertretende Fraktionsvorsitzende dazu bei Instagram.
Per Email der Verwaltung sei sie dazu aufgerufen worden, die Flagge ebenso zu entfernen wie einen kleinen Herz-Aufkleber in den Farben des Regenbogens von ihrer Tr, so Merendino gegenber dem «Tagesspiegel». «Spter am Tag ist uns zugetragen worden, dass auch die Polizei im Bundestag gerufen worden war und im Innenhof berprfte, ob wir der Aufforderung nachgekommen sind.»
Die Abgeordnete schrieb dazu «Danke Nestle-Julia & #NoAFD». Der erste Verweis erinnert an das Verbot der neuen Bundestagsprsidentin Julia Klckner (CDU), wie in den Vorjahren die Regenbogenflagge zum Berliner CSD zu hissen knftig geschieht dies nur zum Internationalen Tag gegen Queerfeindlichkeit IDAHOBIT am 17. Mai. Whrend Innenminster Alexander Dobrindt (CSU) eine hnliche Regelung fr Ministerien erlie (queer.de berichtete), untersagte Klckners Verwaltung es zudem ihren Mitarbeitenden, knftig als solche am CSD teilzunehmen. Die AfD hatte im Juni im Bundestag wie in diversen anderen Parlamenten und Rten einen Antrag zum Verbot der Regenbogenflagge eingebracht (queer.de berichtete).
Verwaltung reagierte offenbar auf Beschwerden
Auch die SPD-Abgeordnete Lina Seitzl berichtete, per Telefon von der Verwaltung dazu aufgerufen worden zu sein, eine Regenbogenflagge aus ihrem Bro zu entfernen. «Ich bin mir nicht sicher, ob man die Flaggen von auen sehen konnte, aber das war wohl der Grund», sagte sie dem «Tagesspiegel». Diese «Jagd auf Regenbogenfahnen» erscheine ihr «lcherlich».
Andere Abgeordnete htten die Verwaltung darauf aufmerksam gemacht, «dass in von auen sichtbaren Fenstern von Abgeordnetenbros die in Rede stehenden Flaggen angebracht waren», sagte Mathias Paul, Sprecher von Bundestagsprsidentin Julia Klckner (CDU), der Zeitung. Die Hausordnung verbiete solche Zeichen «grundstzlich und unabhngig von der konkreten Symbolik» und ein entsprechendes Vorgehen der Verwaltung komme immer wieder vor. Laut dem Sprecher wrden aktuell mehrere Flle zu Regenbogenflaggen geprft, wobei er keine konkreten Zahlen genannt habe.
In der Hausordnung des Deutschen Bundestages heit es in Paragraf 4: «Das Anbringen von Aushngen, insbesondere von Plakaten, Postern, Schildern und Aufklebern an Tren, Wnden oder Fenstern in den allgemein zugnglichen Gebuden des Deutschen Bundestages sowie an Fenstern und Fassaden dieser Gebude, die von auen sichtbar sind, ist ausnahmslos nicht gestattet.»
Berlins Queerbeauftragter warnt vor Marginalisierung
Angesichts des Vorgehens gegen Regenbogenflaggen in Abgeordnetenbros sprach Berlins Queerbeauftragter Alfonso Pantisano am Donnerstag von einem «beispiellosen Angriff auf Sichtbarkeit, Vielfalt und die Freiheit»: «Die Bundestagspolizei soll den Auftrag erhalten haben, alle sichtbar angebrachten Regenbogenfahnen auf dem Gelnde des Bundestags zu entfernen. Also Regenbogenfahnen, die an Tren und Fenstern der Abgeordnetenbros gezeigt werden. Ja, ihr habt richtig gelesen: Regenbogenfahnen sollen eingesammelt werden in Deutschland, im Jahr 2025.»
Von Klckner, Merz & Co. werde offensichtlich respektlos gegenber queeren Menschen ein Kulturkampf gefhrt, so der SPD-Politiker. Diese wollten «queeres Leben aus der politischen ffentlichkeit verbannen»: «Wer heute Fahnen wegreit, verbietet womglich morgen Auftritte, Reden, Veranstaltungen. Was kommt dann? Zensur von Aufklrung? Ein Verbot queeren Lebens?»
Das drfe man nicht hinnehmen, denn fr queere Menschen bedeute dies «Einschchterung, Marginalisierung, Rckschritt» sowie Angst. «Es sendet ein fatales Signal, gerade an die queeren Jugendlichen: Ihr seid hier nicht erwnscht.»
Klckner verteidigt Vorgehen erneut, auch Merz rollt Flagge ein
In einem am Donnerstag erschienenen Portrt Klckners in der «Sddeutschen Zeitung» hat die Prsidentin des Parlaments ihre Entscheidung zum CSD-Beflaggungsverbot derweil erneut verteidigt: «Die Regenbogenfahnen-Debatte hat an Ma und Mitte verloren», kritisierte sie. «Man kann nicht bei jedem guten und wichtigen Anlass Fahnen hissen. Es gibt zum Beispiel den Orange Day gegen Gewalt gegen Frauen ein wichtiges Anliegen, aber da hissen wir auch nicht die dazugehrige Fahne.» In einem frheren Interview hatte die die Debatte selbst krftig mitantreibende Klckner bereits Christenverfolgung und die Vatikanflagge bemht (queer.de berichtete).
Der Berliner CSD findet am 26. Juli statt. Medienanfragen ergaben, dass einige Ministerien wieder Flagge zeigen werden teilweise entgegen dem Dobrindt-Erlass zum zweiten Mal in diesem Jahr, darunter das Finanzministerium unter Lars Klingbeil (SPD) und nach Kritik aus der Community auch das Arbeitsministerium von Brbel Bas (beide SPD).
Weder zum 17. Mai noch zum CSD Flagge zeigen will knftig das Bundeskanzleramt unter Regierungschef Friedrich Merz, eine Abkehr von der Haltung seines Vorgngers Olaf Scholz (SPD). «Die an jedem Tag an allen Dienstgebuden des Bundeskanzleramts gehisste Bundesflagge symbolisiert bereits in besonderem Mae die Werte unseres Grundgesetzes», so ein Kanzleramts-Sprecher gegenber dem «Tagesspiegel». Das schliee mit ein das Einstehen «fr die Wahrung der Menschenwrde und der Ablehnung jeglicher Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer geschlechtlichen Identitt oder sexuellen Orientierung». Merz hatte vor einigen Tagen fr zustzliche Emprung gesorgt, als er sich mit der Bemerkung hinter Klckner stellte, der Bundestag sei «kein Zirkuszelt» (queer.de berichtete). (cw)
