Eine bewegende neue Serie ber das Schwulsein in der Provinz
Die Kstenstadt Geraldton ganz im Westen Australiens sieht auf den ersten Blick recht malerisch und idyllisch aus. Fr viele Einwohner*innen ist sie das vermutlich auch, nicht jedoch fr die Schler Charlie, Zeke und Kade oder den Jungbauern Matt. Denn alle vier sind schwul und halten dies aus unterschiedlichen Grnden geheim. Am Ende der zehn Folgen sind zwei out, einer ist noch immer «in the closet» und einer nicht mehr am Leben.
«Invisible Boys» basiert auf dem gleichnamigen preisgekrnten Roman (Amazon-Affiliate-Link ) des schwulen australischen Autors Holden Sheppard, der selbst in Geraldton aufgewachsen ist und zumindest hnliche Erfahrungen gemacht hat wie seine vier Hauptfiguren. Er betont jedoch, dass sie alle fiktional sind, auch wenn sie gewisse Aspekte von ihm beinhalten.
Misslungenes Date mit Folgen
Als Erster wagt Charlie (Joseph Zada) sein Coming-out und was fr eins! Der Leadsnger und Gitarrist einer Schlerband trumt davon, irgendwann als Rockstar von seiner Musik leben zu knnen, macht uerlich schon lnger auf Punk, frbt seine Haare und schminkt sein Gesicht. Als er eines Abends ber eine Dating-App bei einem verheirateten Familienvater landet, dessen Frau die beiden in flagranti erwischt und Charlie mit einem Outing erpressen will, beschliet dieser in einem Anfall von Wut und Wagemut, ihr zuvorzukommen. In einem Social-Media-Post verkndet er nicht nur maximal ffentlich, dass er auf Mnner steht, sondern schwrzt den Familienvater auch noch als «Pdo» an.
Die Reaktionen in der Kleinstadt sind heftig. Seine beiden Band-Partner Bec (Jade Baynes) und Rocky (Luka Jai) nehmen es zwar locker dafr wird er sofort zur Zielscheibe des Schul-Bullys Kade (Zack Blampied) und seiner Mitlufer-Gang, die ihre homophoben Qulereien bisher ganz auf Zeke (Aydan Calafiore) fokussiert hatten und sich nun ber ein neues Opfer freuen. Umso mehr als Charlie sich ja selbst geoutet hat, derweil man von Zeke nichts Genaueres wei.
Der schwule Schul-Bully
Tatschlich steht auch Zeke auf Jungs, aber seine sehr christliche Familie, die ihre italienischen Wurzeln fast schon exzessiv zelebriert, ist natrlich ahnungslos und lsst keine Gelegenheit aus, ber Schwule herzuziehen. Seine Mutter (Pia Miranda) verlangt dann auch umgehend, dass er sich von diesem Charlie fernhlt, was Zeke ihr natrlich versichert.
In den ersten Episoden werden auch die Hintergrundgeschichten der Jungs erzhlt und wie ihre Kindheit sie zu dem gemacht hat, was sie heute sind. Und, oh berraschung, auch der Bully Kade stellt sich als schwul heraus. Der muskulse Sport-Star mit indigenen Wurzeln hat sich praktischerweise eine Freundin zugelegt, die so religis ist, dass sie keinen Sex vor der Ehe will. Dennoch glaubt er, sich mit dem Mobbing von Zeke und Charlie noch zustzlich abgrenzen zu mssen: Nicht nur wrde Schwulsein zu seinem Image als harter, cooler Sportler so gar nicht passen, er steht noch dazu seitens seiner berambitionierten Mutter unter massivem Druck, es in die australische Football-Profiliga zu schaffen ein weiterer Grund, die Wahrheit geheim zu halten.
Erste Liebe, groe Dramen
Fr Charlie scheint sich die Lage zu bessern, als er eines nachts auf einem Parkplatz zufllig auf Matt (Joe Klocek) stt, der eigentlich nur Sex sucht. Aber die beiden kommen ins Gesprch und schnell wird klar: Daraus knnte mehr werden. Whrend Charlie sich rasch verliebt, wirkt Matt trotz offensichtlichen Interesses immer etwas zurckhaltend. Auch hat er wenig Zeit, weil er sich um den Bauernhof seines alternden Vaters kmmern muss.
Parallel dazu findet eine berraschende Annherung zwischen Zeke und seinem Bully Kade statt doch die Gefahr aufzufliegen, hngt wie eine stndige dunkle Wolke ber ihnen. Etwa zur Halbzeit der Serie gibt es dann eine Szene, in der die beiden heimlichen Paare gemeinsam nachts an einem einsamen Aussichtspunkt ber der Stadt abhngen und von ihren Hoffnungen erzhlen. Doch das Idyll erweist sich als kurzlebig.
Mit viel Herz und tragischem Realismus
«Invisible Boys» erzhlt die Geschichte um die vier Auenseiter in der Provinz mit viel Herz, gelegentlich auch sexuell ziemlich explizit. Die Drama-Serie scheut sich allerdings nicht, ihr Publikum mit unerfreulichen Realitten zu konfrontieren etwa, dass es nicht fr alle jungen Schwulen ein Happy End gibt. Oder dass junge Liebe zwar leidenschaftlich, aber oft auch flchtig ist. Im Hintergrund luft auerdem stndig die Medienberichterstattung ber die groe Abstimmung, in der Australien 2017 die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert hat. Eigentlich eine erfreuliche Sache, nur hilft das wenig, wenn man das Pech hat, in Geraldton zu leben.
Zu den wenigen verstndnisvollen, hilfreichen Erwachsenen gehrt ausgerechnet der lokale katholische Priester, bei dem Charlie ab und zu sein Herz ausschttet. Auerdem Kades Tante, die ihn in seiner Kindheit fr ein paar Jahre betreut hat. Sie ist die Einzige in seiner Familie, die sein Macho-Image als reinen Schutzpanzer durchschaut einen Panzer, den er bis zum Schluss nicht abwerfen kann. Wie so viele, die den Mut dazu erst finden, wenn sie der engen Provinz entkommen sind.
Das Ende der Serie versprht dennoch Hoffnung und Aufbruchstimmung. Und eigentlich wsste man gerne, wie es nun weitergeht mit den nicht mehr ganz so unsichtbaren «Invisible Boys». Ob es eine zweite Staffel geben wird, ist noch unklar, aber Autor Holden Sheppard verkndete krzlich, dass er eine Fortsetzung geschrieben hat: «Yeah the Boys» wird wohl demnchst publiziert. Wer nicht auf die Serienadaption warten will, kann also einfach das Buch lesen.
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