Gtz Aly: In Alice Weidel schimmert kein Hitler durch
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Gtz Aly: In Alice Weidel schimmert kein Hitler durch

Der Historiker Gtz Aly sieht kaum Parallelen zwischen der Zerstrung der Weimarer Republik durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 und heutigen Herausforderungen der deutschen Demokratie. «Ich erkenne wesentlich mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten», sagte Aly der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

«Wir haben intakte Verfassungsorgane das kann man vom damaligen Reichsprsidenten Paul von Hindenburg nicht sagen», sagte Aly. Er verffentlicht am Mittwoch das Buch «Wie konnte das geschehen? Deutschland 1933 bis 1945».

Aly ist vielfach ausgezeichneter Experte fr die Geschichte des Nationalsozialismus. Vor vier Jahren sorgte er allerdings mit einer diffamierenden und transfeindlichen Kolumne in der «Berliner Zeitung» fr Emprung, in dem er das damals von der Ampel-Regierung geplante Selbstbestimmungsgesetz in Verbindung mit «Dekadenz» brachte (queer.de berichtete). Dieselbe Wortwahl nutzte die AfD 2024 u.a. in einer Pressemitteilung.

Aly: «Keine Brgerkriegssituation so wie 1931/32»

Gtz Aly ist optimistisch, dass sich die heutige deutsche Demokratie zu verteidigen wisse. «Ich sehe keinen Grund fr Alarmismus», sagte er. «Ich finde es auch nicht in Ordnung, die AfD in die Nhe der NSDAP zu rcken. Ich kann nicht erkennen, dass in den auch mir unsympathischen Auftritten von Alice Weidel ein Goebbels oder Hitler durchschimmern wrde das waren ganz andere, vllig skrupellose Persnlichkeiten», erlutert der Historiker. «Fraglos gibt es rassistische, auch gewaltbereite Gruppierungen innerhalb der AfD. Aber das gilt bislang nicht fr die gesamte Partei, auerdem haben wir heute keine Brgerkriegssituation so wie 1931/32.»

Auch angesichts der beunruhigenden weltpolitischen Entwicklungen sollte man nicht reflexhaft «mahnend» auf den Nationalsozialismus verweisen, sagte Aly. Allerdings beobachte er immer wieder einzelne Herrschaftsmethoden, die ihn durchaus an die Nazi-Diktatur erinnerten. Dazu gehre Putins Direktive, den Krieg gegen die Ukraine nur als «militrische Spezialoperation» zu bezeichnen.

Joseph Goebbels verbot das Wort «Krieg»

Schon Propaganda-Minister Joseph Goebbels habe nach dem berfall auf Polen 1939 das Wort «Krieg» verboten, stattdessen musste die Presse von einem «Gegenangriff» schreiben. Im weiteren Verlauf des Krieges seien dann umgekehrt die Wrter «Frieden», «Friedensinitiative» und «Friedenshoffnung» verboten worden.

Heutige autoritre oder halb-autoritre Regime verfolgten zudem hufig die Strategie, sich durch soziale Wohltaten des Rckhalts der Bevlkerung zu versichern. Das habe auch fr die Nationalsozialisten eine zentrale und heute oft unterschtzte Rolle gespielt.

So habe Hitler nach dem Stocken des Russland-Feldzugs im Herbst 1941 die Renten um durchschnittlich 15 Prozent erhht und die Rentner in das Krankenkassensystem integriert bis dahin verlor man mit Eintritt in die Rente den Versicherungsschutz. Solche sozialen Beruhigungsgeschenke seien feste Bestandteile der Politik von Viktor Orban in Ungarn, ebenso der frheren polnischen PiS-Regierung und aktuell in Putins Russland, sagte Aly.

Hitler dominierte die Medien wie heute Trump

US-Prsident Donald Trump teile Hektik, Tempo und Aktionismus mit der NS-Regierung. «Jeden Tag ein anderes Dekret raushauen, jeden Tag Fake News herausposaunen, die Gegner fortwhrend unter Druck setzen, die Welt durch immer neue Initiativen, Provokationen und Drohungen verunsichern.»

Gleichzeitig gelte aber: «All diese Vergleiche hinken. Weder Putin noch Orban noch Trump sind mit Hitler gleichzusetzen. Anders als dieser arbeitet Trump nicht auf einen von den USA zu fhrenden Eroberungskrieg hin.» Orban wiederum sehe sich selbst als Vermittler, sei es im Kontakt mit Putin oder dem israelischen Ministerprsidenten Benjamin Netanjahu.

Putin betreibe zwar imperialistische Aggressionspolitik, doch knne diese bislang nicht mit der auf Massenmord ausgerichteten Kriegsfhrung Hitlers gleichgesetzt werden.

Vorschnelle Gleichsetzungen seien generell nicht hilfreich, um aktuelle Entwicklungen zu verstehen, sagte Aly. Er selbst wolle mit seinem Buch vielmehr zeigen, wie sehr die nationalsozialistischen Fhrer Herrschaftsmethoden benutzten, die bekannt und weiterhin in Gebrauch seien. (cw/dpa)