Linke: CDU-Bildungssenatorin hat Queerfeindlichkeit «vertuscht»
Die Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hat am Mittwoch wegen «Missstnden am Umgang mit Queerfeindlichkeit» scharfe Kritik an Bildungssenatorin Katharina Gnther-Wnsch (CDU) geuert. Sie sei fr das Amt «ungeeignet», so die Oppositionsfraktion.
Anlass ist ihr Umgang mit dem schwulen Lehrer Oziel Incio-Stech, der sich im Mai an die ffentlichkeit gewandt hatte, weil er wegen seiner Homosexualitt an seiner Schule gemobbt worden war (queer.de berichtete). Auch nach der dritten parlamentarischen Anfrage sei der Fall nicht transparent aufgearbeitet worden, vielmehr gebe es «widersprchliche und nebulse Antworten» des Senats, kritisierten die der Linksfraktion angehrige Bildungspolitikerin Franziska Brychcy und Queerpolitiker Klaus Lederer in einer gemeinsamen Stellungnahme.
Incio-Stech war als pdagogische Unterrichtshilfe an der Carl-Bolle-Grundschule in Berlin-Moabit beschftigt und wurde nach eigenen Angaben wegen seiner Homosexualitt monatelang von Schlerinnen und Schlern gemobbt, beschimpft und beleidigt. Er beklagt auerdem Mobbing und falsche Vorwrfe durch eine Kollegin sowie mangelnde Untersttzung durch Schulleitung, Schulaufsicht und Bildungsverwaltung.
Kein einziges Untersttzungsangebot fr schwules Mobbing-Opfer
In der Antwort auf eine Anfrage, die queer.de vorliegt, besttigte der Senat etwa, dass dem schwulen Pdagogen nach mehreren Vorfllen am 11. Mrz 2023 von der Schulleitung und der Schulaufsicht kein einziges Untersttzungsangebot unterbreitet worden sei. Die Frage an den Senat, ob er diese Nichtreaktion auf queerfeindliche Gewalt fr adquat halte, wurde nicht beantwortet. In einer vorhergehenden Antwort war jedoch noch von «ergriffenen Prventionsmanahmen» die Rede gewesen.
«Neben der Aufarbeitung lsst Bildungsverwaltung adquate Manahmen vermissen, damit Betroffene zuknftig verlsslich und umgehend Untersttzungsangebote erhalten», so Brychcy und Lederer. «Vllig offen bleibt weiterhin, warum die Senatorin erstmals ’nach Verffentlichung des Berichts in der ‚Sddeutschen Zeitung‘ am 19. Mai 2025 Gesprche in der Sache fhrte (allerdings nicht eines mit dem Betroffenen), obwohl das Geschehen mindestens ihrer Pressestelle schon Monate vorher bekannt war und sie es durch das an sie persnlich gerichteten Schreiben des Rechtsbeistands des Betroffenen lngst htte kennen mssen.»
Die Senatorin hatte sich im Juni damit verteidigt, dass sie den an sie persnlich adressierten Brief von Incio-Stechs Anwalt schlicht vor dem SZ-Bericht nicht gelesen habe (queer.de berichtete). Unklar bleibt, wann sie davon Kenntnis nahm: «Erneut verweigert der Senat uns die Auskunft darber, wann die Senatorin das Schreiben tatschlich gelesen hat», so Brychcy und Lederer.
Senat spielt Vorfall herunter
Als «politisch verheerend» bezeichneten die Linkenpolitiker*innen, «dass der Senat ffentlich weiterhin behauptet, bei den Ereignissen an der Carl-Bolle-Grundschule ginge es ’nur‘ um eine ‚Personaleinzelangelegenheit‘.» Zu allem berfluss wolle die Berliner Regierung knftig auch kein Geld mehr in diesem Bereich ausgeben: Der inzwischen dem Parlament zugegangene Haushaltsentwurf des Senats fr 2026/2027 sehe etwa die komplette Streichung aller Fach- und Beratungsstellen im Bereich queerer Bildung vor.
Die Streichung der Projekte gegen Queerfeindlichkeit trotz stark ansteigender Zahlen von Diskriminierungen sei «gerade mit Blick auf die Vorgnge an der Carl-Bolle-Grundschule ein politisches Armutszeugnis», erklrten Brychcy und Lederer weiter. Stattdessen habe der Senat in seiner Antwort mit einem «abenteuerlichen Hinweis auf vermeintlich themenverwandte Angebote in Volkshochschulen und der Landeszentrale fr politische Bildung» reagiert. Allerdings, so die linken Abgeordneten, biete etwa die Landeszentrale gerade mal eine Veranstaltung zum Thema an und das auch noch in Zusammenarbeit mit der LGBTI-Organisation Queerformat, die jetzt ihre gesamte Frderung verlieren soll.
Die Antworten des Senats auf unsere dritte Anfrage zu den Vorfllen an der Carl-Bolle-Schule belegen: Der Umgang der Bildungsverwaltung mit dem von Queerfeindlichkeit betroffenen Pdagogen ist ber den gesamten Zeitraum hinweg bis heute eine skandalse Unverschmtheit & Ausdruck massiver Ignoranz.
Brychcys und Lederers Resmee: «Eine Bildungssenatorin, die von Queerfeindlichkeit in Schulen nichts wissen will, sie vertuscht, wenn sie konkret geschieht, und die queeren Berliner Schler*innen und Lehrkrften Abendkurse an der Volkshochschule empfiehlt, statt sie gegen Diskriminierungen und fr die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt nach Krften zu untersttzen, ist fr dieses Amt ungeeignet.» (dk)
