Neuer LSU-Landeschef wrde nicht «Hndchen haltend ber die Sonnenallee laufen»
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Neuer LSU-Landeschef wrde nicht «Hndchen haltend ber die Sonnenallee laufen»

Ren Powilleit ist vergangenen Freitag zum neuen Chef des Berliner Landesverbandes der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) gewhlt worden. Im Interview mit dem «Tagesspiegel» (Bezahlartikel) nennt der 36-Jhrige nun den Kampf gegen «queerfeindliche Hasskriminalitt» als zentrales Thema fr seinen Verband.

«Vor kurzem gab es in Neuklln zum Beispiel eine frchterliche Attacke, bei der eine trans Frau schwer verletzt wurde. Und es gibt Orte, an denen sich Menschen unsicher fhlen und sie deshalb meiden», so begrndete Powilleit das Engagement. «Ich wrde als schwuler Mann zum Beispiel nicht Hndchen haltend ber die Sonnenallee laufen, weil mein persnliches Sicherheitsgefhl dort gestrt ist.»

Gemeinsam gestalten. LSU Berlin whlt neuen Landesvorstand ??? Die LSU Berlin hat auf ihrer gestrigen…

In diesem Bereich msse etwas passieren, damit sich Kieze in Berlin nicht zum Angstraum entwickelten. «Hier braucht es schnell sicht- und sprbare Manahmen, welche unter anderem derzeit mit der Landesstrategie erarbeitet werden», so der LSU-Chef Es knne nicht angehen, «dass wir uns als LSBTIQ+ selbst wieder zurcknehmen in unserer Sichtbarkeit».

Entsetzt zeigte sich Powilleit ber Aussagen eines schwulen Berliner Grundschullehrers, der von Schler*innen mit Worten wie «Der Islam ist hier der Chef» gemobbt worden sein soll. «Wir mssen in solchen Fllen deutlich signalisieren, dass wir derartiges Verhalten nicht akzeptieren und mssen auch die Ttergruppen klar benennen», forderte Powilleit. «Oftmals handelt es sich bei solchen Taten um nichtdeutsche Tter.» Nun msse man darber nachdenken, wie man mit jenen auslndischen Personen umgehe, die «unsere Toleranz ausnutzen und ihren Schutzstatus missbrauchen». Powilleit forderte: «In Deutschland ist nicht der Islam der Chef sondern unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Die mssen wir verteidigen.»

Powilleit verteidigt CDU und attackiert SPD

In dem Interview verteidigte Powilleit auch die schwarz-rote Landesregierung in Berlin, die zuletzt Zuschsse fr queere Projekte zusammengestrichen hat (siehe queer.de-Kommentar). Hier gab Powilleit dem Koalitionspartner die Schuld, weil dieser nicht an anderen Stellen habe sparen wollen: «Aus Sicht der Union htte Berlin etwa beim kostenlosen Schulessen Millionen sparen knnen, die man dann woanders nicht htte krzen mssen», so der LSU-Chef. «Wir mssen auch im nchsten Doppelhaushalt wieder Milliarden sparen.» Die Community msse sich deshalb berlegen, was sie «wirklich braucht».

Im Bund setze sich die LSU insbesondere fr fr die Aufnahme der Rechte queerer Menschen im Artikel 3 des Grundgesetzes ein. «Es ist vllig unerklrlich, warum wir beim Thema des Diskriminierungsschutzes von LSBTIQ+-Menschen gesellschaftspolitisch weiter sind, als es die Politik ist», sagte er. «Wir wissen, dass es schwierig ist, das umzusetzen, auch wegen des Unvereinbarkeitsbeschlusses mit den Linken, deren Stimmen wir dafr brauchen. Diese nderung wird harte Arbeit. Wir werden mit unserem Bundeskanzler und Parteivorsitzenden noch sehr viele Gesprche fhren mssen.»

Schon seit Jahren fordern SPD, Grne und Linke die Artikel-3-Reform ein, Union und AfD haben das bislang abgelehnt. Die Ablehnungshaltung in der CDU ist zuletzt aber gebrckelt, dennoch schaffte es das Thema wie andere queere Themen auch nicht in den Koalitionsvertrag. Vielmehr habe die Union laut SPD-Chefin Saskia Esken aus ideologischen Grnden selbst die Erwhnung des Wortes «queer» in dem Dokument unterdrcken wollen.

LSU hat Frieden geschlossen mit dem queeren Fetischfestival

Powilleit stellte auch klar, dass queere Veranstaltungen wichtig fr die Stadt seien, denn davon profitierten etwa Restaurants oder auch der Landeshaushalt ber die Bettensteuer. Als Beispiel nannte er die Fetischfestivals Easter Berlin und Folsom Europe. «Folsom ist fr Tempelhof-Schneberg zum Beispiel eines der umsatzstrksten Wochenenden und bringt viele Steuereinnahmen. Wenn wir als LSU diese Bedeutung in der Partei klarmachen knnen, knnen wir auch innerhalb der CDU Barrieren abbauen und solche Veranstaltungen fordern und frdern», so Powilleit.

Der Lobgesang auf das Fetischfestival zeigt auch, wie sich die LSU in den vergangenen 20 Jahren verndert hat: 2005 protestierte die CDU noch mit homophoben Unterton gegen das «Pornofest» und die LSU untersttzte diese Tiraden und fiel der Community damit nach Ansicht vieler Aktivist*innen in den Rcken: In einer Pressemitteilung behauptete der damalige LSU-Chef, dass die «aggressiven Darstellung» die «Akzeptanz der gesamten Homosexuellenszene in der Gesellschaft» gefhrdete, und sprach von «Gewalthedonie», also von Vergngen an Gewalt.. Inzwischen sieht der neue LSU-Chef, ein gelernter Bankkaufmann, die einst ungeliebten queeren Besucher aber als attraktive Steuerzahler an. (dk)