Stimmungsmache auf Kosten von trans Menschen
Heute Nachmittag debattiert der Deutsche Bundestag ber einen neuen Antrag der AfD, der die Bundesregierung dazu auffordert, das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) «unverzglich aufzuheben» sowie «eine bergangsregelung zu schaffen, welche Schutzmechanismen fr Minderjhrige, Menschen mit psychischen Vorerkrankungen sowie frauenspezifische Schutzrume sicherstellt». Und schlielich drittens: «eine Neuregelung vorzulegen, die evidenzbasiert, verfassungskonform und frauen-, jugend- und kinderschutzorientiert ausgestaltet ist» so steht es in der Vorabfassung des Antrags «Gesetz ber die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag aufheben Rechtsklarheit und Schutz vulnerabler Gruppen wie Frauen und Jugendlicher wiederherstellen» vom 9. September.
Geplant ist eine dreiigmintige Debatte, bei der wir genau hinhren werden. Denn eines ist leider klar, es gibt immerhin eine weitere groe Fraktion im Plenum, die damals nicht fr das SBGG gestimmt hat und ebenfalls das Thema Kinder und Jugendliche sowie Frauen als Problemfelder sieht. Ganz abgesehen davon, dass uns durch einen Rechtsextremisten, der gerade keine Lust auf Knast hat, das Missbrauchs-Thema schmerzhaft auf die Fe gefallen ist. Die Lsung ist jedenfalls nicht die Aufhebung des SBGG.
Steile Thesen ersetzen fehlenden Sachverstand
Der Antrag entspricht im brigen ganz der Qualitt von AfD-Antrgen und umfasst diesmal immerhin dreieinhalb Seiten. Die hellblaue Partei mit dem roten Haken ist schlielich bekannt und geradezu berhmt fr eine parlamentarische Arbeit im Schmalspurformat. Flotte Sprche und steile Thesen ersetzen fehlenden Sachverstand. Auf den dreieinhalb Seiten hat sie mal eben alle bekannten transfeindlichen Mythen versammelt, die wir schon so oft gehrt haben, dass ich es den Leser*innen von queer.de erspare, sie zu wiederholen. Wer freilich Spa an Realsatire hat, der darf sich gerne der Drucksache 21/1547 widmen.
Festzustellen bleibt, dass wie immer eine Vermischung von Namens- und Personenstandsnderung, wie sie das SBGG ermglicht, mit medizinischen Manahmen stattfindet, die rein gar nichts mit dem SBGG zu tun haben. Sie kommen dort einfach nicht vor. Und wer das Gesetz als Trffner interpretiert, hat von der Praxis einer leitlinienorientierten Medizin keinen blassen Schimmer.
Es ist klar, worum es hier geht um Stimmungsmache. Die bliche Polit-Comedy, die wir von der Rechtsauen-Fraktion gewohnt sind. Genau deshalb werden wir in der Debatte genau hinhren, was von den Regierungsparteien als Antwort kommt. Denn es steht schlielich eine Evaluierung des SBGG auf dem Programm, bei der wohl noch nicht entschieden ist, wer sie durchfhren wird. Dass die Union gewisse Erwartungen hegt gerade beim Thema Kinder und Jugendliche, wissen wir lngst.
AfD empfiehlt trans Menschen «psychiatrische Angebote»
An einer Stelle musste ich dann doch beim Lesen der Drucksache 21/1547 lachen: «Das sogenannte ‚Selbstbestimmungsgesetz‘ behindert einen gerechten Umgang mit Menschen, die an Geschlechtsdysphorie leiden.» Das klingt, als htte die hellblaue Partei mit dem roten Haken ein Herz fr trans Menschen. Aber nein, sie macht nur einen Witz: «Statt umfangreichen Hilfen, wie etwa psychotherapeutischen und psychiatrischen Angeboten, wird ihnen mit dem Selbstbestimmungsgesetz suggeriert, es gbe einen einfachen Weg fr ihr Leiden, nmlich den Wechsel des juristischen Geschlechtes per einfacher Willensbekundung mit den darauf aufbauenden hormonellen und operativen Eingriffen, die irreversibel sind.» Wie? Versteht das jemand?
Der Witz geht dann noch weiter. Gut, man kann das auch eine Mischung aus Infamie und Schwachsinn nennen. Oder um es mit Worten aus Shakespeares «Hamlet» zu beantworten: Der Wahnsinn hat Methode. Aber eigentlich ist Shakespeare fr so eine Posse zu schade.
Links zum Thema:
Der AfD-Antrag als PDF
