Stoppt die Diskriminierung von trans Eltern!
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Stoppt die Diskriminierung von trans Eltern!

Kurz vor dem Ableben der Ampelregierung verffentlichte das Bundesjustizministerium im Dezember 2024 einen aktualisierten Diskussionsentwurf zur Reform des Abstammungsrechts, der seither als Reform-Ruine zu besichtigen ist. Und es sieht so aus, als wrde der Entwurf unter den vernderten politischen Verhltnissen in unserer Republik zum Denkmal des guten Willens und der verpassten Chancen werden und es wohl bleiben. Grund genug, hier einen Blick rund um das Denkmal zu werfen, verbunden mit der Frage: Tut sich was bei der Denkmalspflege?

Dass das Abstammungsrecht dringend zu reformieren sei, davon waren und sind alle berzeugt, die die Realitt neuer Familienformen anerkennen. Die gesetzliche Regelung der Eltern-Kind-Beziehung sollte endlich auf den aktuellen Stand heutiger Lebenswirklichkeiten gebracht werden Stichwort Regenbogenfamilien, Co-Mutterschaft und noch einiges mehr. Nebenbei bemerkt, wre wohl auch der ziemlich altmodische Name selbst reformbedrftig. Das nur nebenbei, denn wichtiger als das Label ist immer noch das, was drin ist.

Hoffen auf Karlsruhe

Aber auch das Bundesverfassungsgericht mahnte im letzten Jahr eine Neuregelung mit Blick auf die Benachteiligung von leiblichen Vtern an und setzte vorsichtshalber dem Gesetzgeber eine Frist, denn in Karlsruhe kennt man natrlich die langen Bnke der Politik und wei, was da sonst so alles einstaubt. Weil mit Blick auf das Abstammungsrecht aktuell einige Verfahren in Karlsruhe zur Entscheidung vorliegen, will man sie nun gesammelt behandeln. Wir drfen also hoffen.

Und dann gbe es bekanntlich und nicht minder dringend noch das Thema trans Eltern. Aber das ist schon in dem Entwurf der Ampelregierung ein trauriges Thema geblieben und fllt dort vor allem durch Abwesenheit auf. Selbst wenn wir das mal auen vorlassen, was wir nicht wirklich tun wollen, bliebe die Erkenntnis, dass das Familienrecht, das in Teilen noch in den 1970er Jahren wurzelt, schon lange nicht mehr den gesellschaftlichen Ist-Zustand abbildet.

Druck vom Bundesrat

Inzwischen ist eine neue Regierung im Amt, doch die macht zumindest im Koalitionsvertrag einen groen Bogen um die berfllige Reform. Dabei kam im ersten Aufschlag fr den Koalitionsvertrag tatschlich noch das Stichwort Reform des Abstammungsrechts vor, um jedoch bei der Endredaktion unterm Tisch zu fallen. Wie bekannt uns das vorkommt. Vorsichtshalber hatte der Bundesrat im Mai dieses Jahres der neuen Regierung als Aufgabe mitgegeben: «Abstammungsrecht ndern: Zwei-Mtter-Familien strken» und argumentiert hier zu Recht mit dem Kindeswohl. Allen Kindern msse ermglicht werden, «unabhngig vom Geschlecht ihrer Eltern, unmittelbar nach ihrer Geburt zwei rechtliche Eltern zu haben».

Als neulich die neue Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) der Deutschen Presse Agentur ein Interview gab aus Anlass des Gesetzentwurfs zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Vaterschaftsanfechtung (woran man sieht, dass solche Titel wahre Sprachungetme sind und dass Deadlines aus Karlsruhe tatschlich etwas bewirken), kam berraschendes zu Gehr. Lassen wir mal die Strkung des Rechts leiblicher Vter beiseite und den verbesserten Zugang zur rechtlichen Vaterschaft, auch wenn wir sie ihnen selbstverstndlich gnnen, so lie uns in dem Interview besonders aufhorchen, was die Ministerin nmlich als ihre Leitlinie bezeichnete: «Die gelebte gesellschaftliche Realitt in Deutschland muss sich im Familienrecht widerspiegeln.»

Elternschaft nicht lnger nur biologisch interpretieren!

Genau das wollen wir schon seit vielen Jahren und mit wir meine ich jetzt mal die trans Community und dezidiert die trans Eltern. Aber war das von Frau Hubig wirklich ernst gemeint? Meinte sie wirklich alle Familien? Denn, wo bitte stnde auf der Agenda der Bundesregierung eine solche umfassende Reform? Als die Ministerin neulich den alltglichen Sexismus ins Visier nahm und vorschlug, verbale sexuelle Belstigung unter Strafe zu stellen, war das Murren der Union vernehmlich und der Vorwurf «Symbolgesetzgebung» schnell zur Hand.

Eine Reform des Familien-/Abstammungsrechts funktioniert jedenfalls nicht «symbolisch». Nein, sie ginge wirklich ans Eingemachte. Und das heit gerade mit Blick auf trans Eltern nichts anderes, als dass wir endlich Elternschaft nicht lnger nur biologisch interpretieren. Wenn wir die geschlechtliche Identitt ernst nehmen, deren Selbstbestimmtheit uns das Selbstbestimmungsgesetz verspricht, dann sollte die auch in allen relevanten Gesetzen Anerkennung finden. Tut sie freilich nicht.

In anderen Lndern (gut, es sind nur wenige, aber immerhin) ist man beispielsweise zu geschlechtsneutralen Bezeichnungen wie etwa «birth parent» und «parent» bergegangen oder bietet neben der Bezeichnung Mutter auch «gebrendes Elternteil» an. Dies nur mal als Anregung.

Gute Vorschlge in alten Stellungnahmen

Weil wir aber schon so lange ber eine Reform debattieren (auch die schwarz-rote Koalition vor der Ampelregierung tat es bereits), braucht man nur mal die alten Stellungnahmen hervorzukramen, um lauter gute Vorschlge zu bekommen. Im Mai 2019 hatte der Bundesverband Trans* eine solche an die damalige Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) gesandt und die Unzumutbarkeit der Beibehaltung von 1591 BGB («Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.») bekrftigt.

Denn hier werde in diskriminierender Weise die rechtliche Geschlechtsidentitt des gebrenden Elternteils ignoriert. «Trans- und intergeschlechtliche Menschen werden gezwungen, sich zwischen ihrem Recht auf Fortpflanzung und dem Recht auf freie Entwicklung und Entfaltung ihrer Persnlichkeit zu entscheiden.»

Verwendet eine geschlechtsneutrale Bezeichnung!

Die Lsung bestnde in der zustzlichen Verwendung der geschlechtsneutralen Bezeichnung Elternteil bei gleichzeitiger Ergnzung des 1591: «Vater eines Kindes ist der Mann, der es geboren hat.» Oder eben: «Elternteil eines Kindes ist die Person, die es geboren hat.» Parallel knnte weiter «Mutter» und «Vater» wie bisher fortgefhrt werden. Niemanden wrde damit etwas genommen, nur einigen etwas gegeben.

So knnte die Lsung im Fall von trans Eltern aussehen, denn sie bercksichtigt exakt deren Lebenswirklichkeit und klingt doch so utopisch. So utopisch wie gegenwrtig die Reform des Abstammungsrechts erscheint. Nach den drei Ausnahmejahren der Ampelregierung sind wir wie erwartet wieder in der gesellschaftspolitischen Normalitt mit Namen Reformstau gelandet.