Von «Prince Charming» in die Politik: Lars Tnsfeuerborn ber seine Plne in der SPD
Lars Tnsfeuerborn (35) ist Reality-Star, Podcaster und Unternehmer und seit diesem Jahr auch SPD-Mitglied. Bekannt wurde er 2019 als erster Sieger der queeren Dating-Show «Prince Charming», es folgten zahlreiche TV-Formate und erfolgreiche Podcast-Projekte wie «Niemand muss ein Promi sein» und «schwanz & ehrlich». Letzteren moderierte er gemeinsam mit zwei Co-Hosts und sorgte krzlich fr Aufsehen, als er alle Folgen des Podcasts kurzzeitig offline nahm.
Im Interview mit queer.de spricht er offen ber die Grnde fr diese Entscheidung und seine heutige Sicht darauf. Darber hinaus geht es um Queerness in der Politik, seine Beweggrnde fr den Eintritt in die SPD und die Frage, ob er sich knftig aus der TV-Branche zurckzieht. Tnsfeuerborn verrt, welche politischen Themen fr ihn besonders dringlich sind, und nimmt Stellung zur Frage, ob queere Politiker*innen heute noch immer mit greren Hrden konfrontiert sind als nicht-queere.
Lars, du bist Anfang dieses Jahres in die SPD eingetreten und zeigst dich seither zunehmend politisch engagiert. Was hat dich zu diesem Schritt bewegt? Gab es bereits zuvor politische Aktivitten vielleicht auch eher im Hintergrund?
Der Schritt in die SPD war fr mich eine bewusste Entscheidung, vor allem nach der Abstimmung von CDU und AfD im Bundestag, weil ich aktiv an der Gestaltung unserer Gesellschaft mitwirken mchte und mich dem Rechtsruck entgegenstelle. Schon vorher habe ich mich politisch engagiert, etwa durch meinen Einsatz rund um die seelische Gesundheit, Untersttzung von Initiativen zu sozialen Themen und dem Aktivismus fr queere Belange und Rechte. Mit dem Eintritt in die SPD wollte ich diese Aktivitten auf eine strukturierte, organisierte Ebene bringen und selbst Verantwortung bernehmen.
Welche gesellschaftlichen oder politischen Missstnde siehst du aktuell in Deutschland, die deiner Meinung nach dringend angegangen werden mssten?
Ich sehe insbesondere Ungleichheiten bei Bildung, sozialer Gerechtigkeit und der Gleichstellung von queeren Menschen und weiblich gelesenen Personen als drngend. Auerdem ist der Rechtsruck in unserem Land ein groes Thema, bei dem die Politik mutigere Schritte unternehmen muss. Es gibt zudem eine wachsende Diskrepanz zwischen politischer Kommunikation und der Lebensrealitt vieler Menschen, die dringend adressiert werden sollte.
Hast du bereits konkrete Ideen oder Anstze, wie du selbst aktiv zur Lsung dieser Probleme beitragen mchtest?
Aktuell mache ich mir erstmal ein genaues Bild von der Politik und ihren Strukturen. Ich will verstehen, wie Dinge wirklich funktionieren. Danach werde ich entscheiden, welchen Weg ich konkret gehen mchte. Auf meiner Agenda stehen vor allem Themen wie seelische Gesundheit, queere Rechte und eine soziale Politik, bei der nicht nur die da oben profitieren, sondern diejenigen, die es wirklich brauchen. Genau das verstehe ich unter Sozialdemokratie.
Wrdest du sagen, dass es fr queere Personen schwieriger ist, sich in der Politik zu behaupten als fr cis-heteronormative Menschen?
Bestimmt, die politische Landschaft ist nach wie vor stark von cis-heteronormativen Strukturen geprgt. Und machen wir uns nichts vor, ich bin selber sehr privilegiert als weier cis-schwuler Mann, da bekomme ich es oft nicht so ab, wie andere Menschen in unserer Gesellschaft. Queere Menschen mssen hufig zustzliche Hrden berwinden, sei es durch Vorurteile, fehlende Reprsentation oder subtile Diskriminierung. Ich kann mich fr Diversitt stark machen, aber am Ende muss sich diese Diversitt in den politischen Vertretern unserer Gesellschaft widerspiegeln.
Du hattest zwischenzeitlich die Folgen des erfolgreichen Podcasts «schwanz & ehrlich» offline genommen. Hattest du Sorge, dass die teils sehr offenen, sexuellen Inhalte dir persnlich oder politisch zum Nachteil gereichen knnten?
Ja, ich habe mir durchaus Gedanken gemacht, wie diese Inhalte von der ffentlichkeit wahrgenommen werden knnten. Aber vor allem hatte ich groe Angst, dass einzelne Zitate von den Rechten genutzt und aus dem Kontext gezogen oder gegen mich verwendet werden knnten.
Was hat dich letztlich dazu bewogen, die Podcast-Folgen wieder online zu stellen?
Die Entscheidung, die Folgen wieder online zu stellen, war ein Ausdruck von Haltung und Authentizitt. Ich mchte zeigen, dass politische Arbeit und Offenheit ber Sexualitt kein Widerspruch sein mssen. Zudem habe ich viele Rckmeldungen aus meiner Community bekommen, die den Podcast als wertvoll und aufklrend empfanden. Wir haben mit diesem Podcast so viel gutes erreicht und bewegt, da sollte die Angst nicht berwiegen, sondern meine Haltung.
Denkst du, dass es in der Politik mehr Offenheit und Enttabuisierung etwa im Hinblick auf sexuelle Themen geben sollte? Oder findest du es sinnvoll, dass politische Kommunikation weiterhin einem gewissen «serisen» Rahmen folgt?
Ich denke, beides lsst sich verbinden. Politik sollte seris bleiben, aber das bedeutet nicht, dass bestimmte Themen tabu sein mssen. Offenheit und Enttabuisierung knnen helfen, die Gesellschaft realistischer abzubilden und Menschen zu zeigen, dass Politik fr alle da ist, unabhngig von ihrer Identitt oder Lebensweise. Die Menschen wollen Menschen in ihren Parlamenten und keine politischen Marionetten.
Lange Zeit war es dein Wunsch, im Trash-TV stattzufinden. Besteht weiterhin Interesse an Formaten wie dem Dschungelcamp oder «Promi Big Brother»? Oder liegt dein Fokus inzwischen ganz auf deiner politischen Laufbahn
Der Fokus liegt inzwischen klar auf meiner politischen und unternehmerischen Arbeit. Die Unterhaltungsbranche darf dennoch Teil meines Lebens bleiben, wieso muss das eine das andere ausschlieen? Aber meine ffentliche Rolle mchte ich strker nutzen, um gesellschaftlich relevante Themen zu adressieren. Wenn dann mal ein Angebot fr eine Show kommen sollte, werde ich es mir berlegen und abwgen.
Wie blickst du auf die Zukunft Deutschlands? In deinen Instagram-Storys bst du immer wieder Kritik an der aktuellen Koalition. Glaubst du, dass Deutschland unter dieser Regierung gute Chancen hat?
Deutschland hat alle Chancen, wirtschaftlich stark zu bleiben und soziale Gerechtigkeit auszubauen. Aber die ersten 100 Tage dieser schwarz-roten Koalition haben gezeigt: Sozialpolitik findet praktisch nicht statt. Die SPD wirkt oft zu still, whrend die CDU schon jetzt Signale nach rechts sendet und sich fr eine mgliche schwarz-blaue Option aufstellt. Das macht mir groe Sorgen gerade bei dem Rechtsruck, den wir berall sehen. Ich will, dass die SPD wieder klar macht, dass Politik fr alle Menschen da ist, nicht nur fr die, die ohnehin schon profitieren. Ein positiver Punkt ist die geplante Erhhung des Mindestlohns auf 14,60 bis 2027 mit dem SPD-Ziel von 15 . Aber soziale Politik ist kein Rabattgutschein, den man alle paar Jahre einlst sie muss der Kern der Regierung sein. Die SPD muss diesen Kurs konsequent ausbauen und darf ihn nicht im Koalitionsnebel verlieren.
Gibt es Politiker*innen vielleicht auch queere Persnlichkeiten die dich besonders beeindrucken oder inspirieren?
Ja, es gibt einige, die mich inspirieren. Allen voran zum Beispiel Brbel Bas sie ist fr mich das Paradebeispiel einer SPD-Politikerin: Nhe zu den Menschen, Haltung und Durchsetzungsvermgen sowie Bodenhaftung. Sie zeigt mit ihrer Vita, dass man alles schaffen kann. Sie ist die beste Wahl als Vorsitzende der Partei. Solche Persnlichkeiten motivieren mich, selbst aktiv zu sein und mich fr eine gerechtere Gesellschaft einzusetzen.
