Was ndert sich jetzt im SchwuZ, Katja Jger?
Das im Jahre 1977 gegrndete Berliner SchwuZ befand sich Ende 2024 in einer finanziellen Notlage. Dabei kann es auf eine lange bewegte Geschichte zurckblicken. Die Aktivistengruppe «Homosexuelle Aktion Westberlin» spielte dabei eine magebliche Rolle. Der lteste queere Club Deutschlands ist mittlerweile in der ehemaligen Kindl-Brauerei in Neuklln beheimatet. Die Vielzahl an Formaten konnten leider nicht vor der schwierigen Situation retten, auch wenn es jahrelang gut ging. Selbst wenn es heute queeren Menschen sehr viel besser als in den ersten Jahrzehnten nach der Grndung geht, scheinen die klassischen Veranstaltungen nicht mehr auf die gleiche Weise anzuziehen.
Katja Jger ist seit Anfang 2025 die neue Geschftsfhrerin. Sie hat Erfahrung in der Leitung unter anderem in der Denkfabrik «Betterplace Lab», wo sie die Beziehung zwischen Digitalisierung und Demokratie untersuchte. Die Aufgabe der in Sdhessen geborenen Berlinerin ist nichts weniger, als das SchwuZ zu retten.
In einer Pressemitteilung vom 20. Mai 2025 ist zwar nicht alles rosig, aber klar, dass trotz Krise eine glorreiche Zeit beginnen soll. Leider musste man einigen Mitarbeiter*innen kndigen, die meisten werden aber weiterbeschftigt. Neben mehr Automatisierung und Digitalisierung im Umgang mit Kund*innen und im Bro, werden auch Veranstaltungen sich verndern. Es soll bald mehr Qualitt statt Quantitt geben, um mit groen Highlights die Aufmerksamkeit der Stadt auf sich zu ziehen. Dafr sucht das SchwuZ die Nhe zu bekannten und unbekannten Knstler*innen und Initiativen, um communitynah gemeinsam ein neues Programm auf die Beine zu stellen.
Am 12. Juli ldt das SchwuZ zu einer groen Benefizveranstaltung im SchwuZ ein. Der Erls wird direkt reinvestiert, um nicht nur den 50. Geburtstag des SchwuZ 2027 gebhrend zu feiern, sondern auch die 100 zu erreichen.
Wir sprachen mit Katja Jger ber die aktuelle Lage und die Zukunftsplne.
Wie kam das SchwuZ in die jetzige Situation? Hngen die Vernderungen auch mit der vernderten Berliner Kulturpolitik zusammen, oder war das SchwuZ unabhngig von staatlicher Frderung?
Die letzten Jahre waren fr viele Kulturorte herausfordernd das SchwuZ war da keine Ausnahme. Als queerer Club mit gesellschaftlichem Auftrag stehen wir in einem stndigen Spannungsfeld zwischen kulturellem Anspruch und wirtschaftlicher Tragfhigkeit. Das SchwuZ hat auer in der Coronazeit keine ffentliche Frderung erhalten. Das bedeutet: Alle Angebote mssen sich betriebswirtschaftlich selbst tragen auch solche wie die Pepsi Boston Bar, die inhaltlich wertvoll, aber ohne finanzielle Untersttzung schlicht nicht tragfhig sind.
Die Herausforderungen haben sich ber Jahre aufgebaut: steigende Kosten, ein verndertes Ausgehverhalten, dazu der strukturelle Nachhall der Pandemie. All das hat uns an einen Punkt gebracht, an dem klar war: Ohne eine tiefgreifende Neuausrichtung ist unsere Zukunft als queerer Kulturort in Gefahr. Diese Transformation ist ein notwendiger Schritt, um unseren Auftrag langfristig weiter erfllen zu knnen solidarisch, sichtbar, selbstbestimmt.
Du bist seit Anfang 2025 Geschftsfhrerin. Wie beeinflusst dein persnlicher beruflicher Hintergrund die Modernisierung? Wer vielleicht eher pessimistisch ist was entgegnest du?
Ich komme aus ber zehn Jahren Demokratiearbeit und zwar in einem sozialunternehmerischen Kontext. Das heit: Ich bin es gewohnt, inhaltliche Ansprche mit wirtschaftlicher Tragfhigkeit zusammenzudenken. Genau diese Fhigkeit ist jetzt gefragt. Was wir gerade anstoen, ist keine kurzfristige Krisenreaktion, sondern eine bewusste strategische Neuausrichtung. Wir mssen das SchwuZ so aufstellen, dass es auch knftig noch relevant, lebendig und kulturell bedeutsam ist und zwar im Einklang mit den Bedrfnissen der Community und den realen Rahmenbedingungen.
Mir war von Anfang an bewusst, dass ich an einer Schnittstelle stehe zwischen dem, was das SchwuZ nahezu 50 Jahre ausgemacht hat, und dem, was es knftig braucht. Ich bin berzeugt: Mein Hintergrund hilft mir, genau diesen Wandel verantwortungsvoll zu gestalten. Und natrlich ist das keine Einzelleistung. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe, bei der wir mit einem groartigen Team, mutigen Knstler*innen und der Community gemeinsam an einem Strang ziehen. Wir wollen nicht nostalgisch verharren sondern Angebote schaffen, die wirklich am Puls der Zeit sind. Dafr braucht es Offenheit, Klarheit und neue Formate, die Haltung, Qualitt und Relevanz vereinen.
Worauf wird sich die Community im Angebot weiter freuen knnen?
Wir bleiben ein queerer Kultur- und Begegnungsort mit all den glitzernden, politischen, verspielten und empowernden Momenten, die das SchwuZ seit Jahrzehnten prgen. Es wird weiterhin kuratierte Partynchte mit Highlights geben, die bewusst auf knstlerische Vielfalt setzen. Unsere Eigenproduktion «Flush» wird weiterentwickelt und hoffentlich bald auch ber Berlin hinaus zu sehen sein. Neue Formate wie unser FLINTA*-Abend «Acid Pvssy» oder Kooperationen mit lokalen queeren Kollektiven strken die inhaltliche Tiefe. Und gleichzeitig wird unser Clubbetrieb von regelmigen Austauschformaten begleitet, in denen die Community ihre Ideen einbringen kann. Wir gestalten diesen Ort gemeinsam.
Links zum Thema:
Homepage des Berliner SchwuZ

