
Wie passt eine Ehe-fr-alle-Feelgood-Komdie in die Trump-Zeit, Andrew Ahn?
Nach drei Jahrzehnten erlebt der Klassiker «The Wedding Banquet» von Ang Lee eine Neuauflage. Nun erzhlt Regisseur Andrew Ahn die Geschichte des Sdkoreaners Min (Han Gi-Chan), der in den USA seinen Partner Chris (Bowen Yang) heiraten mchte, um die Green Card zu bekommen (Filmkritik von Ralf Kaminski, Interview mit Darstellerin Kelly Marie Tran).
Wir sprachen mit dem Regisseur und den beiden Hauptdarstellern beim queeren Filmfestival BFI Flare in London. In das Gesprch mit den drei sympathischen Knstlern mischte sich leider eine penetrante PR-Agentin als Aufpasserin ein. Die passt wohl leider auch in die neue Trump-Zeit
Knnen wir mit dem persnlichen Hochzeitsstatus beginnen? Wer ist verheiratet?
Ahn: Niemand. Entschuldigung dafr. (lacht)
Die Frage dahinter ist: Was halten Sie von der Forderung, dass queere Charaktere nur von queeren Personen gespielt werden sollten? Ist das schon berwunden, oder ist es immer noch wichtig?
Ahn: Queerness ist etwas, das man zu Beginn oft entdeckt. Es ist etwas, das die meisten Menschen spter im Leben realisieren. Und deshalb habe ich nie einer strikten Regel zugestimmt, weder fr mich selbst noch fr andere. Aber ich denke, andere Menschen knnen diese Rolle als Schauspieler einnehmen, egal wer sie sind, und diese Entdeckung machen, solange sie etwas Subtextuelles dabei darstellen. Fr mich ist das, was zhlt, dass es authentisch rberkommt.
Yang: Fr mich ist es auf jeden Fall groartig, queere Menschen in queeren Rollen zu besetzen. Es geht darum, queeren Schauspielern die Chancen zu geben, die ihnen historisch nicht immer zuteil wurden. Gleichzeitig bin ich sehr vorsichtig. Ich mchte nicht die Sexualitt von jemandem annehmen. Jeder hat seine eigene Reise, und es ist nicht meine Sache, dass sie sich ffnen oder verletzlich gegenber der ganzen Welt zeigen. Sexualitt kann sehr persnlich sein. Ich denke, es ist eine Fall-zu-Fall-Sache. Es wird immer eine Prioritt sein, mit queeren Menschen zu arbeiten. Es macht mich glcklich, und ich fhle mich sicherer. Aber ja, ich denke, es ist definitiv ein nuanciertes Thema.
Angesichts der Gegenreaktionen in Amerika momentan mit Trump, sieht dieser Film fast ein wenig nostalgisch aus, weil die Ehe fr alle so einfach ist. Zurzeit geht die Pendelbewegung in die andere Richtung. Wie sehen Sie die Situation als Amerikaner?
Yang: Es gibt immer diese Pendelbewegung von Fortschritt. Ich hoffe wirklich, dass dieser Film, obwohl ich nicht beabsichtigt habe, dass er so wird, definitiv sehr zeitgem ist. Und ich hoffe, dass die Menschen diesen Film sehen und daraus Kraft schpfen knnen, dass sie unsere Identitt, unsere Gemeinschaft feiern knnen und in der greren Welt mit mehr Strke und mehr Schutz existieren knnen. Es ist definitiv eine bengstigende Welt da drauen. Aber ich hoffe, dass die Menschen mit diesem Film ihre Mauern niederlassen knnen und wirklich die dringend bentigte Ermutigung und Verletzlichkeit erfahren knnen.
Ahn: Was an dem Film ziemlich unglaublich ist, ist, dass er mit wirklich wichtigen Themen wie Migration, Ehe und Kindererziehung umgeht, die durch Queerness politisiert werden. Aber ich finde, er ist nicht didaktisch in Bezug auf diese Themen. Es wird mit viel Liebe und Sanftmut inszeniert, es ist einladend. Es ist keineswegs vorschreibend, er sagt niemandem, wie er zu denken hat, sondern zeigt einfach, was auf dem Spiel steht in diesen Situationen, was ich fr sehr universell halte.
Gi-Chan: Ich wollte nur noch etwas hinzufgen. Ich hoffe wirklich, dass die Menschen diesen Film sehen und erkennen, wie wichtig es ist, als queere Person die eigene Familie zu whlen, und dass es, auch wenn sie nicht queer sind, eines der zufriedenstellendsten Erlebnisse im eigenen Leben sein wird. Ich mchte, dass sie sich so fhlen.
Wie sind Ihre Erinnerungen an das Original von Ang Lee?
Ahn: Das Original hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Ich habe ihn gesehen, als ich acht Jahre alt war. Meine Mutter hat die VHS in einem Videoverleih gefunden und meinte: «Das ist der Film mit asiatischen Leuten, den weie Leute schauen. Lass uns mal sehen, worum es geht.» Sie hat ihn ausgeliehen, ohne zu wissen, dass es ein queerer Film war. Und dann haben wir ihn zu Hause mit der Familie angeschaut, und als achtjhriger, aufkommender schwuler Junge hat er mich einfach umgehauen. Es ist etwas, das wirklich besonders fr mich ist, dass mein erster queerer Film «The Wedding Banquet» war und dass es ein queerer asiatisch-amerikanischer Film war. Ich danke diesem Film dafr, wer ich heute bin, wer ich als Knstler bin.
Wie gro war die Erwartungshaltung fr Sie, ein Remake eines Klassikers zu machen? Ich meine, Sie knnen nur scheitern, aber Sie scheitern nicht.
Ahn: Nun, danke. Ja, ich habe definitiv die Erwartung und den Druck gesprt. Aber gleichzeitig hatte ich einen sehr persnlichen Grund, diesen Film zu machen. Und ich habe so viel Respekt fr den Originalfilm und fr Aang und fr James. Ich fhlte, dass ich einen guten Grund hatte, das zu tun. Und besonders die Zusammenarbeit mit James Schamus, dem Autor des Originals, als Produzenten und Co-Autor hat mir das Gefhl von Untersttzung und Verstndnis fr das immense Erbe des Originalfilms gegeben und wie wir das fortsetzen knnten. Und so habe ich dieses Gewicht von meinen Schultern genommen und konnte mich darauf konzentrieren, den Film zu machen und mich wirklich auf die Menschlichkeit dieser Charaktere und die Geschichte, die ich erzhlen wollte, zu konzentrieren.
In Sachen Intimitt bleibt der Film auffallend unauffllig. Es gibt nur ein Ksschen auf die Wange. Und im Bett bleibt das T-Shirt an. Wollten Sie ein greres Publikum erreichen?
PR-Agentin: Entschuldigung, ich denke, das ist fr den Film nicht relevant. Knnen wir zur nchsten Frage bergehen?
Ich denke, das ist fr den Film relevant.
PR-Agentin: Nein, wir gehen bitte weiter.
Hatten Sie einen Intimittskoordinator am Set?
Ahn: Wir hatten einen Intimittskoordinator, und das ist eine Position, die ich fr sehr wichtig und wertvoll halte, genauso wie einen Stuntkoordinator, um sicherzustellen, dass die Schauspieler sich sicher fhlen. Ich denke, man muss Intimittskoordinatoren haben. Es ist etwas, das ich wirklich untersttze und fr das ich mich einsetze. Und ich denke, es ist eine groartige Ressource, nicht nur fr die Schauspieler, sondern auch fr mich.
Was wrden Sie sich wnschen, dass das Publikum aus diesem «Wedding Banquet Reloaded» mitnimmt?
Gi-Chan: Ich sehe das so: Ich habe es schon am Anfang gesagt, aber ich mchte, dass die Leute verstehen, dass diese Geschichte nicht nur darum geht, die eigene Liebe zu finden, sondern auch darum, eine Familie aufzubauen, die man wirklich will und zu der man wirklich gehren mchte. Und wenn das Publikum diesen Film sieht, mchte ich, dass sie das Gefhl haben, dass diese Geschichte vor allem um Familie geht, und dass die Liebe innerhalb einer Familie sich nie ndert. Ich mchte, dass sie spren, dass etwas Wahrhaftiges nie verndert werden kann.
Links zum Thema:
Deutsche Homepage zu «The Wedding Banquet»
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