Ein schwules Leben auf den Philippinen
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Ein schwules Leben auf den Philippinen

In 40 Jahren verndert sich so viel, dass es eigentlich unmglich erscheint, alles Erwhnenswerte in ein Buch zu packen. Doch diesen Anspruch hat Blaise Campo Gacoscos in seinem teils autobiografischen Debtroman auch gar nicht. Stattdessen sucht er fr «Der Junge aus Ilocos» (Amazon-Affiliate-Link ) acht prgnante Erlebnisse heraus und stellt sie detailliert vor.

Gacoscos wird 1968 auf den Philippinen geboren. Dort spielt auch sein Erstlingswerk. Genauer im Nordosten der Hauptinsel, in der Region Ilocos, in der auf rund 13.000 Quadratkilometern ber fnf Millionen Menschen leben. «Der Junge aus Ilocos» handelt von Victor und seinem Leben. Der Filipino wchst zwischen christlichen Einstellungen, Einflssen der Hauptstadt Manila und rmlichen Verhltnissen auf. Dass es ihm und seinem lteren Bruder spter gut geht, ist der Mutter besonders wichtig. Das bemerkt Victor schon im frhen Kindesalter, zum Beispiel bei einem Wettbewerb fr musikalische Nachwuchstalente, in dem er leider scheitert.

Die Hrden des Erwachsenwerdens

«Der Junge aus Ilocos» umfasst acht Kapitel. Das erste stellt eine erste prgnante Situation zwischen Victor und einem Spielgefhrten dar, in dem Victor das erste Mal eine seltsame Anziehung zu einem anderen Jungen versprt. Trotzdem dreht sich der Roman nicht um das innere oder uere Coming-out, einen ganz klaren roten Faden gibt es nmlich gar nicht. Stattdessen springt Autor Gacoscos immer gute fnf bis zehn Jahre voran. Man kann nur erahnen, was dazwischen alles passierte. Einige Figuren wie Victors Bruder und Mutter tauchen immer mal wieder auf und reifen mit dem Protagonisten mit. Im Nachwort erklrt der Schriftsteller, dass ursprnglich ein Roman nicht geplant war, sondern er whrend seines Studiums mehrere Essays schrieb, die er nun zu einem groen Ganzen zusammenfgte.

Ist in den ersten Kapiteln noch deutlich erkennbar, dass keine modernen gesellschaftlichen Strukturen vorherrschen, so kommt man gen Ende gefhlt in der Gegenwart an. Natrlich funktioniert der Staat Philippinen gnzlich anders als Deutschland, trotzdem knnten einige Situationen auch hier so passieren. «Der Junge aus Ilocos» rckt dabei die Sexualitt des Protagonisten nicht in den Mittelpunkt, manche Kapitel kommen nahezu gnzlich ohne queeren Bezug aus. Das Schwulsein ist eher subtil das Thema, vielmehr geht es um Hrden des Erwachsenwerdens. Job, Liebeskummer, der Konkurrenzkampf mit dem lteren Bruder, das lterwerden und damit einhergehende Krankheiten der Eltern. Quasi eine Sammlung von retrospektiven Kurzgeschichten, die immer denselben Handelnden im Fokus behalten.

In jedem Kapitel lernen wir Victor neu kennen

Der Schreibstil ist angenehm und wenig verschachtelt, allerdings werden auch in der deutschen bersetzung smtliche regionstypischen Slang-Ausdrcke wie Lolo fr Opa und Lola fr Oma belassen, die im Anhang erklrt werden. Wer Bcher lieber im Original liest, kann brigens auch hier danach Ausschau halten, da das Buch auf Englisch und nicht in Tagalog geschrieben wurde. Jedes Kapitel und somit jeder Lebensabschnitt von Victor umfasst rund 15 Seiten.

Wer auf zusammenhngende, abgeschlossene Geschichten steht wird wahrscheinlich mit «Der Junge aus Ilocos» nicht glcklich. Immer wieder wird man ins kalte Wasser geworfen, lernt Victor neu kennen und muss sich zunchst zurechtfinden, in welchem Stadium sich der Protagonist befindet. Wer hingegen eher poetische, realittsnahe Werke ohne Kitsch und Klischee sucht, die leichtfig die Seele streicheln, ist hier richtig. So wirkt selbst das konsequente und einschneidende Ende der Geschichte gar nicht mehr so tragisch.

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