Echt oder fake? Gedanken zum Fall Liebich
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Echt oder fake? Gedanken zum Fall Liebich

Die Diskussionen, die ber die Vornamens- und Personenstandnderungen von Liebich entstehen, zeigen wie die Mythen und Falschaussagen, die ber das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) verbreitet wurden (selbst in der Medienlandschaft) Fu gefasst haben.

Dass sich der Name und die Anrede einer angeklagten Person gendert haben, ist fr das Strafverfahren irrelevant. Der Nachrichtenwert liegt bei dem einer Funote.

Dass im Fall Liebich nun mediale Diskussionen darber entbrennen, ob eine Person auch nach einer Vornamens- und Personenstandsnderung juristisch dieselbe Person bleibt und wie sich das auf das Strafverfahren auswirkt, zeigt, dass die Falschbehauptungen, von rechtsextremer und antifeministischer Seite weite Verbreitung gefunden haben. Selbstverstndlich knnen einer Person weiterhin Straftaten zugeordnet werden, selbstverstndlich knnen Strafverfolgungsbehrden weiterarbeiten. Das stand nie zur Debatte, wurde von rechtsextremer und antifeministischer Seite aber immer wieder behauptet.

Kommt Liebich in den Frauenknast?

Auch die Unterbringung in den Einrichtungen der Justiz hat sich durch das SBGG im Vergleich zu Zeiten des TSGs nicht gendert: Sie erfolgt entsprechend der Regelungen im jeweiligen Landesvollzugsgesetz. Das Land Berlin hat beispielsweise eine Regelung, bei der der Personenstand mit in die individuelle Einschtzung einbezogen wird. Der Personenstand ist aber nicht das alleinig handlungsleitende Merkmal, auch Aspekte der Sicherheit und Ordnung, krperliche Gegebenheiten und der Wunsch der zu inhaftierenden Person werden in die Abwgung einbezogen. Auch in Bundeslndern, die keine spezifische Regelung in ihren Landesvollzugsgesetzen haben, werden Entscheidungen im Einzelfall herbeigefhrt. Das Prozedere hat sich durch die Einfhrung des SBGG nicht verndert, sondern bestand schon zu Zeiten, als das TSG in Kraft war.

Ein weiterer Mythos, der ber das Selbstbestimmungsgesetz verbreitet wurde, ist, dass es missbrauchsanfllig sei. Hierzu muss gesagt werden:

Seit 1981 haben Personen in der Bundesrepublik Deutschland das Recht, ihren Vornamen und Personenstand zu verndern. Auch unter dem TSG wre es mglich gewesen, eine Vornamens- und Personenstandsnderung zu erwirken, obwohl es nicht der gelebten Realitt der antragstellenden Person entspricht. Eine Studie zeigt, dass in TSG-Verfahren in 99 % der Flle der Selbstauskunft der antragstellenden Personen entsprochen wurde. In all den Jahren der Gltigkeit des TSG wurde jedoch nie ein Missbrauchsfall bekannt.

Alle rechtlichen Mglichkeiten gab es schon vor dem SBGG

Das SBGG als missbrauchsanflliger als das TSG darzustellen, ist in einem transfeindlichen Mythos begrndet: Es wird immer wieder die Idee verbreitet, Grundrechte fr trans* und nicht-binre Personen htten negative Auswirkungen auf die restliche Bevlkerung. Das ist falsch. Das SBGG hat lange nicht so viel verndert, wie es den Anschein hat. Durch die Diskussionen um das SBGG ist nun einfach bekannter, welche rechtlichen Mglichkeiten es gibt. Diese gab es auch vorher schon.

Die Frage, ob eine Vornamens- und Personenstandsnderung einer Person echt oder fake ist, wrde sich gar nicht stellen, wenn von rechtsextremer und antifeministischer Seite nicht immer wieder behauptet worden wre, dass es denkbar wre, dass Personen das Selbstbestimmungsgesetz missbruchlich verwenden. Personen aus dem rechtsextremen Spektrum kmen auch nicht auf Idee, solche nderungen zu beantragen, um das Gesetz «vorzufhren»: Den wenigsten Personen ist klar, welche realen Folgen es hat, den eigenen Namen und Personenstand zu ndern.

Wenn sich herausstellen sollte, dass die Vornamens- und Personenstandsnderung Liebichs ein PR-Stunt ist, wre es besser gewesen, den Raum, den die Medien dieser nderung einordnen, bei einer Funote zu belassen.