Kind der Liebe
In der glhenden Hitze eines italienischen Sommers entfaltet sich in Maureen Duffys Roman «Kind der Liebe» ein psychologisch fein gezeichnetes Drama, das zwischen Klarheit und Verwirrung oszilliert. Im Mittelpunkt steht Kit, ein scharfsinniger und empfindsamer Teenager, dessen Gefhlswelt zunehmend von Eifersucht, Unsicherheit und unterdrckter Wut dominiert wird. Der Anlass: die Affre der Mutter mit Aias, einer geheimnisvollen Figur, deren Identitt ebenso ungreifbar bleibt wie die Motive der brigen Charaktere. Was mit beobachtender Distanz beginnt, entwickelt sich zu einem gefhrlichen Spiel aus Manipulation, Rachefantasien und emotionaler Eskalation mit tragischen Konsequenzen.
Psychologisch fein gezeichnetes Drama
Maureen Duffy gelingt es, eine sommerlich-idyllische Kulisse mit einem vielschichtigen Geflecht aus psychologischer Spannung und ambivalenter Erotik zu kontrastieren. Die Handlung entfaltet sich in einem bewusst vagen Raum, in dem kaum etwas so ist, wie es zunchst scheint. Weder die Geschlechterrollen der Figuren noch ihre Absichten sind eindeutig zu fassen. Insbesondere Kits Geschlecht bleibt ein literarisches Mysterium ein bewusster Kniff der Autorin, der Konventionen unterluft und die Lesenden dazu zwingt, eigene Zuschreibungen zu hinterfragen. Auch Aias entzieht sich eindeutiger Klassifikation und trgt zur atmosphrischen Dichte des Romans bei, der sich durch eine ausgeprgte sprachliche Virtuositt und subtile Ironie auszeichnet.
«Kind der Liebe» (Amazon-Affiliate-Link ), im Original unter dem Titel «Love Child» 1971 bei Alfred A. Knopf in den USA erschienen, wurde am 14. Mai 2025 erstmals in deutscher Sprache vom Reclam Verlag verffentlicht. Der Roman gilt als britische Antwort auf Franoise Sagans «Bonjour Tristesse» und stellt eine bedeutsame literarische Stimme der frhen 1970er Jahre dar. Whrend Sagan das Lebensgefhl junger Frauen im Nachkriegseuropa einfing, erweitert Duffy diese Perspektive um Fragen der Identitt, der sexuellen Orientierung und der emotionalen Abhngigkeit. Dabei bleibt ihr Blick stets analytisch, doch nie khl: In ihrem Werk verbinden sich persnliche Themen mit gesellschaftspolitischer Relevanz.
Maureen Duffy, geboren 1933 im sdenglischen Worthing, zhlt zu den einflussreichsten britischen Autorinnen ihrer Generation. Ihr vielseitiges Werk umfasst Romane, Gedichte, Theaterstcke und Essays. Als eine der ersten offen lesbischen Schriftstellerinnen Grobritanniens engagiert sie sich seit Jahrzehnten fr die Rechte queerer Menschen. Viele ihrer Texte reflektieren Fragen nach Zugehrigkeit, Geschichte und der Rolle von Literatur in gesellschaftlichen Umbruchzeiten. Mit Romanen wie «The Microcosm» (1966) hat sie sich als Pionierin einer queeren literarischen sthetik etabliert. Auch Kind der Liebe zeugt von dieser Haltung: ein vieldeutiges, herausforderndes und zugleich poetisches Buch ber Begehren, Macht und die Grenzen familirer Bindung. (dd/pm)
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