Prsidentenwahl in Polen: Queer­freundlicher Europer gegen rechtspopulistischen Trump-Fan
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Prsidentenwahl in Polen: Queer­freundlicher Europer gegen rechtspopulistischen Trump-Fan

Rafał Trzaskowski ist ein leidenschaftlicher Europer, das Motto von Karol Nawrocki hingegen lautet «Polen zuerst». Der Liberale und der Rechtsnationalist sind die Favoriten bei der Prsidentschaftswahl am Sonntag in Polen. Ein Sieg Trzaskowskis wrde den Weg frei machen fr Reformen der pro-europischen Regierung von Donald Tusk. Mit Nawrocki indes wre eine Fortsetzung der Blockadepolitik des scheidenden Staatschefs Andrzej Duda zu erwarten.

Auch queere Menschen und andere Gruppen hoffen auf Trzaskowski als Ally: Nach seiner Wahl zum Brgermeister von Warschau unterzeichnete Trzaskowski eine Erklrung zum Schutz der LGBT-Community sehr zum rger der Rechtsnationalisten um seinen Konkurrenten Nawrocki. Er verspricht etwa, sich fr die Rechte von Frauen und gleich­geschlechtlichen Paaren einzusetzen. Als Brgermeister nahm er mehrfach an der jhrlichen Pride-Demonstration teil und lie Kruzifixe in Warschauer Amtsstuben verbieten. Der Vater von zwei Kindern untersttzt den Plan der Regierung, bis zur zwlften Schwangerschaftswoche Abtreibungen zu erlauben, die im streng katholischen Polen bisher fast vollstndig verboten sind.

Wiederholte kritische uerungen von Trzaskowski verursachten in der queeren Community allerdings Sorgenfalten: So bekrftigte er krzlich, dass er das Adoptionsrecht fr gleich­geschlechtliche Paare ablehne. Die queere Organisation «Miłość Nie Wyklucza» rief ihn dazu auf, sich mit Regenbogen­familien zu treffen, um seine Vorurteile abzubauen.

?? Powiedz Rafa?owi Trzaskowskiemu, ?e sojusznik nie dzieli rodzin na lepsze i gorsze. Niech spotka si? z t?czowymi…

Trotzdem ist Trzaskowski beliebt bei jngeren und progressiven Menschen in Polen. Fr katholisch-konservative Whler*­innen ist er dagegen ein rotes Tuch. Skeptiker*­innen verweisen zudem darauf, dass Trzaskowski in der Politik nur wenig internationale Erfahrung hat.

Umfragen sehen relative Mehrheit fr Trzaskowski

In den Umfragen liegt Trzaskowski mit rund 34 Prozent Zustimmung klar in Fhrung. Die Pol*innen kennen den 53-Jhrigen nicht nur als derzeitigen Brgermeister der Hauptstadt Warschau, sondern aus seinen Zeiten als EU-Abgeordneter, Minister und Parlamentarier. 2020 kandidierte er schon einmal bei der Prsidentschaftswahl, verlor jedoch knapp gegen Duda, der sich mit einem queerfeindlichen Wahlkampf durchsetzte (queer.de berichtete).

Poland, Pollster poll: Presidential election Trzaskowski (PO-EPP): 34% (+2) Nawrocki (PiS-ECR): 27% (+4) Mentzen…

Auch sein Vater war bekannt: Der Pianist Andrzej Trzaskowski spielte in den 1950er Jahren Jazz, als die Musik im kommunistischen Ostblock noch als Symbol des verfeindeten Westens verpnt war. Den Sohn hingegen zog es schon als Teenager in die Politik. 1989, als die Berliner Mauer fiel, brach Trzaskowski die Schule ab, um sich bei den ersten freien Wahlen in Polen zu engagieren.

Spter studierte er in Warschau, Oxford und Paris; seine Doktorarbeit schrieb er ber die Reform der EU. Trzaskowski spricht Englisch, Franzsisch, Italienisch, Russisch und Spanisch und arbeitete zeitweise als Englischlehrer. Kritiker empfinden den polyglotten Politiker aus intellektuellem Hause als elitr und verpassten ihm den spttischen Spitznamen «Bonjour».

Im Jahr 2000 arbeitete Trzaskowski mit am Beitritt Polens zur EU, 2009 wurde er ins EU-Parlament gewhlt. 2013 holte ihn Tusk ins Kabinett, zunchst als Minister fr Technologie, dann wurde er Vize-Auenminister. Trzaskowski gehrt Tusks liberaler Brgerplattform an.

Nawrockis Idol ist Donald Trump

Der 42-jhrige Nawrocki ist Historiker. Er gehrt keiner Partei an, wird aber wie Duda von der rechtsnationalistischen und extrem queerfeindlichen PiS untersttzt, die Polen von 2015 bis 2023 regierte. In Umfragen liegt Nawrocki mit rund 27 Prozent der Stimmen auf Platz zwei. Sein Idol ist US-Prsident Donald Trump, den er Anfang Mai im Weien Haus traf. «Du wirst gewinnen», habe der Rechtspopulist ihm gesagt, betonte Nawrocki.

Nawrocki ist auch beim Thema Queerfeindlichkeit ganz auf dem Trump-Level. In einer Prsidentschaftsdebatte warf er etwa seinem Kontrahenten Trzaskowski vor, dass er die Regenbogenfahne ber die polnische Flagge stelle. Trzaskowski warf daraufhin Nawrocki vor, wie PiS-Chef Jarosław Kaczyński «von Schwulen besessen» zu sein.

Einige Abgeordnete der polnischen Regierungskoalition werfen Trump vor, die Wahl beeinflussen zu wollen. Am Donnerstag gab das polnische Forschungsinstitut fr Cybersicherheit bekannt, dass es auch russische Versuche der Einflussnahme aufgedeckt habe. So seien hunderte Fake-Accounts im Onlinedienst X identifiziert worden. Dabei sei es oft um Themen gegangen, die polarisieren, wie Sicherheit, Migration und Auenpolitik.

Nawrockis Wahlkampfslogan «Polen zuerst» bezieht sich auch auf die fast eine Million Ukrainer*innen, die vor dem Krieg ins Nachbarland geflohen sind. Nawrocki will die Ukraine zwar weiterhin gegen Russland untersttzen, kritisiert jedoch die Leistungen fr Geflchtete.

Auerdem warf er Kyjiw vor, «keine Dankbarkeit fr das zu zeigen, was die Polen getan haben», und bezeichnete den ukrainischen Prsidenten Wolodymyr Selenskyj als «unverschmt». Mit Kontrollen an der Grenze zu Deutschland will Nawrocki Migranten fernhalten. Zudem fordert er von Berlin Kriegsreparationen in Hhe von umgerechnet 1,3 Billionen Euro.

Nawrocki wurde in der Hafenstadt Danzig geboren. In seiner Jugend spielte er Fuball und boxte, spter promovierte er in Geschichte. Von 2017 bis 2021 war er Direktor des Museums des Zweiten Weltkriegs in seiner Heimatstadt. Seit 2021 leitet er das Institut fr Nationales Gedenken (IPN), das Verbrechen aus der Zeit des Nationalsozialismus und des Kommunismus untersucht.

Vergangenes Jahr schrieb Moskau Nawrocki zur Fahndung aus, weil er angeblich Denkmler aus der Sowjetzeit in Polen entfernen lassen wollte. Vorwrfe, er habe Verbindungen zu Kriminellen und Neonazis, weist Nawrocki zurck. Seine Kontakte seien rein beruflich gewesen.

Der Prsident hat in Polen nur begrenzte Befugnisse, ist aber Oberbefehlshaber der Streitkrfte, bestimmt die Auenpolitik und hat das Recht, Gesetze einzubringen oder sein Veto gegen sie einzulegen. Beobachter*innen rechnen mit einem knappen Rennen, das sich vermutlich erst in der Stichwahl am 1. Juni entscheidet. (AFP/dk)