
Weniger queere Inhalte im deutschen Fernsehen
Das Medienprojekt QUEERmdb hat wieder einmal ausgewertet, wie es mit der queeren Reprsentation in Filmen aussieht. Wie in den letzten Jahren wurden fr den «LGBTVscan 2024» die Verffentlichungen in Kino, Fernsehen, auf DVD/Blu-ray sowie bei Netflix und Amazon Prime betrachtet. Dabei wurden allein frs Fernsehen ber 15.000 Filme und Serienepisoden angeschaut. Sie liefen auf allen relevanten ffentlich-rechtlichen und privaten Sendern. Das entspricht ungefhr der Menge des Vorjahres (queer.de berichtete). Bercksichtigt wurden nur Verffentlichungen, die eine Laufzeit von mindestens 70 Minuten haben.
Laut QUEERmdb hatten 740 der ber 15.000 Langfilme im TV mindestens eine fr die Handlung relevante LGBTI-Figur. Das ist ein Rckgang von 2,6 Prozent gegenber dem Vorjahr. In den Jahren zuvor war der Anteil noch kontinuierlich gestiegen. Im Vergleich zu Verffentlichungen im Kino (10,4 %, -0,6 %), auf DVD/Blu-ray (9,3 %, +2,5 %), bei Netflix (8,9 %, +2,2 %) und Amazon Prime (8,2 %, -0,8 %) blieb das deutsche Fernsehen das mit Abstand am wenigsten diverse Langfilm-Medium.
Als queere Filme wurden Produktionen mit einer fr die Handlung relevanten queeren Figur bercksichtigt, die nicht stereotyp reprsentiert ist. Auerdem muss die sexuelle Orientierung oder die geschlechtliche Identitt der Figur thematisiert werden, um als relevant zu gelten.
Privatsender zeigen deutlich weniger queere Filme
Zwischen dem ffentlich-rechtlichen Rundfunk und den Privatsendern gab es auch 2024 ein groes Geflle. 540 der 740 Filme wurden auf ffentlich-rechtlichen Sendern ausgestrahlt, nur 200 auf privaten Sendern. 2023 gab es ein fast exakt gleiches Verhltnis.
Whrend 2023 arte, RBB und ARD die meisten relevanten Verffentlichungen bei den ffentlich-rechtlichen Sendern hatten, sank ihr Anteil in 2024. Besonders der RBB sendete 34 Prozent weniger Filme mit queerem Bezug. Obwohl der Anteil an Verffentlichungen auf den eigentlich strksten Sendern gesunken ist, nahmen die gesendeten Produktionen auf den meisten ffentlich-rechtlichen Sendern zu. Sowohl das ZDF, der Hessische Rundfunk, ZDFneo, der WDR und der SWR steigerten sich leicht, whrend der Bayerische Rundfunk, 3sat und der MDR sich zwischen 20 und 30 Prozent steigerten.
Auf den kommerziellen Sendern sieht es da schon anders aus. Sechs von elf Privatsendern zeigten im letzten Jahr weniger Produktionen mit queerem Bezug. Bis auf Tele 5 und ProSieben bezieht sich das aber vor allem auf Sender wie Kabel 1, Nitro, VOX und RTL, die sowieso schon den geringsten Teil an queeren Sendungen zeigen. Bei Tele 5 sank der Anteil um 30,6 Prozent. Wiederum steigerte sich sixx weiter, und SuperRTL zeigte sogar mehr als doppelt so viele Sendungen. Im ganzen Jahr zeigte Pro7MAXX die wenigsten Filme mit queerem Bezug. Lediglich zwei Spielfilme auf Pro7MAXX gelten fr QUEERmdb als Queerfilm. RTL ist mit fnf Filmen nur knapp dahinter.
Kaum queere Filme zur Primetime
Fr eine bessere Vergleichbarkeit hat QUEERmdb noch einen zuflligen Monat fr genauere Ergebnisse untersucht. Der ausgewhlte Monat ist der November letzten Jahres. Sixx hat mit Abstand die meisten queeren Filme gezeigt, whrend die Hlfte aller untersuchten privaten Sender keinen einzigen zeigten. Sixx lag bei ca. 24 Prozent. Die meisten ffentlich-rechtlichen Sender sowie RTL2, Tele 5 und Nitro hatten einen Anteil zwischen 3 und 7 Prozent.
Whrend der Primetime von 20:15 bis 22:00 Uhr werden immer noch am wenigsten Queerfilme gezeigt. Obwohl es bei einigen Sendern hier Fortschritte gibt, sind die Anteile bei anderen weitestgehend zusammengebrochen. ARD, ZDF und 3sat haben hier das grte Wachstum hingelegt. Alle anderen ffentlich-rechtlichen Sender zeigten weniger Filme mit queerem Bezug zur Primetime. Lediglich ZDFneo hatte ein geringes Wachstum am Anteil. Die Privatsender legten insgesamt aber zu. ProSieben und VOX haben identische Verhltnisse wie oben schon gezeigt, sind Kabel 1, RTL und Pro7Maxx auf den letzten Pltzen. Bei Sat.1, SuperRTL, RTL2 und Nitro stieg der Anteil im Verhltnis zum Vorjahr deutlich. Sixx steigerte seinen sowieso schon hohen Anteil weiter leicht. Im November 2024 hatten sixx, ZDFneo und ZDF die meisten Queerfilme zur Primetime im Angebot.
Nur 110 Filme mit «LGBT-Hauptthematik»
Alle zuvor genannten Zahlen beziehen sich auf Verffentlichungen mit einem gewichtigen Anteil an queerer Thematik. Dabei waren alle 740 Filme einbezogen. Lediglich 110 dieser Filme knnen aber als Filme mit «LGBT-Hauptthematik» bezeichnet werden, wie QUEERmdb schreibt. Ihr Anteil an allen ausgestrahlten Filmen liegt dementsprechend bei lediglich 0,7 Prozent. Das ist ungefhr das gleiche Verhltnis wie 2022 und 2023.
Beim ffentlich-rechtlichen Rundfunk ist der Rckgang bei RBB, arte und ARD am strksten. Whrend es beim RBB lediglich wenige Prozentpunkte sind, ist der Anteil bei arte um die Hlfte gefallen und im Ersten um 38,4 Prozent. Insgesamt liefen aber bei RBB, arte und dem Bayerischen Rundfunk die meisten Filme mit einer queeren Hauptthematik trotz des Rckgangs. Im Verhltnis stieg der Anteil bei 3sat, dem ZDF und dem NDR am strksten zwischen 30 und 40 Prozent an. Bayerischer Rundfunk, WDR, Hessischer Rundfunk, MDR, SWR und ZDFneo stagnierten oder hatten nur einen geringen Anstieg. Der Bayerische Rundfunk stagnierte aber zum Beispiel auf hohem Niveau.
Eine queere Hauptthematik auf privaten Sendern hatte es aber noch schwerer. Whrend SuperRTL zwar seinen Anteil auf sechs Filme verdreifachte und Kabel 1 drei Filme zeigte, sank der Anteil insgesamt. Sixx kommt auch auf nur zwei Filme, ganz so wie Tele 5. RTL und Pro7Maxx haben 2024 je einen Film mit Hauptthematik gezeigt.
Im November 2024 hat kein einziger Privatsender einen Film mit queerer Hauptthematik ausgestrahlt. Der MDR ist hier auf Platz 1 mit einem Anteil von 3,5 Prozent an allen gesamt gezeigten Filmen, gefolgt von NDR und WDR mit einem Anteil rund um 3 Prozent. Hessischer Rundfunk, arte, RBB und ZDFneo schafften es knapp ber 1 Prozent.
ber drei Viertel der gezeigten Filme waren Wiederholungen
76,4 Prozent aller queeren Sendungen bestand aus Wiederholungen. Dabei wurde Rosa von Praunheims Film «Rex Gildo Der letzte Tanz» siebenmal gezeigt. Lediglich 26 gezeigte Filme von den gesamten 740 waren Premieren. Nur einer lief davon auf SuperRTL, der insgesamt einzigen Premiere auf privaten Sendern. Die Filmreihen «RBB Queer», «BR Queer» und «WDR Queer» waren der Grund von 11 der 26 Erstausstrahlungen. In der Primetime waren drei der 26 queeren Filme. Zwei davon liefen im ZDF, einer im Ersten. Obwohl es erstmalige Premieren auf Tele 5, dem WDR und SuperRTL gab, bleibt der Anteil insgesamt verhalten.
Wie in den letzten Jahren zeigten sich ffentlich-rechtliche Sender deutlich diverser als die privaten Sender. Trotzdem werden hier Filme auch nicht zur Primetime gezeigt, sondern verbleiben strker im Nacht- und Nachmittagsprogramm. Insgesamt gab es einen leichten Rckgang, nachdem 2022 und 2023 die Anteile weiter angestiegen waren. Die Relevanz besonders fr die privaten Sender scheint leicht angestiegen zu sein. Gleichzeitig verbleibt die queere Thematik bei den privaten Sendern noch strker im Hintergrund als bei den ffentlich-rechtlichen.
«Diese systematische Randplatzierung und Verdrngung trgt zur Marginalisierung von queeren Menschen bei und verringert ihre Sichtbarkeit in der ffentlichkeit», lautet das ernchternde Fazit von QUEERmdb. «In Zeiten zunehmender Trans- und Homofeindlichkeit ist dies Teil des Problems.»
Links zum Thema:
Der «LGBTVscan 2024» von QUEERmdb
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