
Ministerprsident aller Sachsen Auch der lsbtiq* Personen?
Sehr geehrter Ministerprsident Michael Kretschmer,
in Sachsen finden erfreulicherweise immer mehr CSD-Demonstrationen statt. Dieses Jahr zhlen wir ganze 20 CSD-Veranstaltungen, eine Mehrzahl davon im lndlichen Raum. Wir beobachten jedoch eine starke Mobilisierung der rechtsextremen Szene, die aktiv Diskriminierung und Hass gegenber lsbtiq* Personen schrt. Beim CSD in Bautzen versammelten sich knapp 700 Neonazis. Es kam zu Sprechchren offen rassistischer Parolen, verfassungswidrigen Gesten wie dem Hitler-Gru, Einschchterungsversuchen sowie queerfeindlichen Bedrohungen und zu Hasskrimininalitt wie dem Anznden einer Regenbogenfahne. All das trgt nicht nur dazu bei, dass sich die Demonstrierenden nicht sicher fhlen, sondern auch, dass den CSDs ein menschenfeindliches Klima entgegengesetzt wird. Diesem Klima mssen wir entschieden entgegenwirken!
Sie wurden krzlich beim Wahlforum der Landeszentrale fr politische Bildung in Grlitz auf den Nazi-Aufmarsch in Bautzen angesprochen und bereits im Vorfeld fr Ihr Schweigen diesbezglich kritisiert. In Ihrer Antwort verurteilten Sie zwar die rechtsextreme Drohkulisse, bezeichneten die CSD-Demo jedoch als «Party». Als Ministerprsident Sachsens ein Bild zu zeichnen, der CSD sei eine reine Vergngungsfeier, verhhnt nicht nur Betroffene, sondern verschiebt auch den Diskurs weg von klaren politischen Forderungen der queeren Community hin zu einem belanglosen Feieranlass und das obwohl es streng genommen wenig zum Feiern gibt: Queere Menschen in Sachsen werden in allen Lebensbereichen noch immer diskriminiert. Der Christopher Street Day ist keine Party, sondern eine politische Demonstration, um auf diese exkludierenden und diskriminierenden Strukturen aufmerksam zu machen. Er hat seinen Ursprung in den Stonewall-Aufstnden von 1969 und es geht dabei um nichts weniger als den Kampf um Gleichbehandlung, Anerkennung und das Erstreiten von Menschenrechten. Innerhalb ihrer «Party»-Rhetorik offenbart sich zudem eine Unterschtzung dessen, was die Neonazis auf der Gegendemonstration eigentlich vorhaben: Da soll nicht einfach eine Party gestrt werden, dort wird gelauert und bedroht, Straftaten werden begangen und menschenfeindliche Normen propagiert. Zum Nazi-Aufmarsch beim CSD Leipzig wurde immerhin unter dem Motto «wei, normal, hetero» mobilisiert. Das ist mehr, als eine Party stren zu wollen das ist brandgefhrlich und muss auch dementsprechend benannt und abgewehrt werden.
In Ihrer Wahlkampagne fr die Landtagswahl 2024 werben Sie derzeit damit, «Ministerprsident aller Sachsen» zu sein. Wir mchten an Sie appellieren, sich entlang dieses Slogans entsprechend auch fr queere Schs*innen einzusetzen und sich aktiv und laut gegen Queerfeindlichkeit auszusprechen. Seit Jahren steigen die Zahlen zu politisch motivierter Gewalt und Hasskriminalitt gegenber queeren Personen, auch in Sachsen. Stehen Sie also mit einem klaren Bekenntnis an der Seite der queeren Community, die mehr denn je rechter Hetze und Hass ausgesetzt ist!
Die rechtsextreme Drohkulisse wie in Bautzen soll sich nicht wiederholen. In Leipzig konnte die rechtsextreme Demo glcklicherweise aufgelst werden und wir wnschen uns ein solches Sicherheitskonzept fr all die CSDs, die dieses Jahr noch anstehen. Dafr braucht es auch von Ihnen ein klares Bekenntnis zu Toleranz und Vielfalt und eine Stellungnahme, wie man queeres Leben und die CSDs in Sachsen zuknftig besser schtzen kann. Andernfalls msste man sich doch irritiert die Frage stellen: Ministerprsident aller Sachsen Auch der lsbtiq* Personen?
Mit freundlichen Gren
LAG Queeres Netzwerk Sachsen e.V.
CSD Pirna e.V.
CSD Dbeln
CSD Vogtland
CSD Leipzig e.V.
Links zum Thema:
Der Offene Brief an Michael Kretschmer kann hier unterzeichnet werden