
Wie umgehen mit dem Rechtsruck? Wut statt Angst und ein klarer Verstand!
Als Donald Trump 2016 zum ersten Mal Prsident wurde, kommentierte sein republikanischer Vorgnger George W. Bush die Antrittsrede mit der Bemerkung, was das doch fr ein «schrger Schei» sei. Ein aktueller Kommentar zur Rede 2025 des gottgesandten Prsidenten Trump, wie er sich selbst sieht, ist bislang nicht bekannt. Das Dumme ist nur, dass der «Schei» heute wieder das politische Programm ausmacht, um es sogleich mit 200 Dekreten am ersten Tag im Amt auf den Weg zu bringen.
Dass wahrscheinlich nicht wenige davon eine Arbeitsbeschaffungsmanahme fr Gerichte werden, ist anzunehmen. Eines der Dekrete wurde mittlerweile von einem Richter fr verfassungswidrig erklrt und gegen andere bringen sich Anwlt*innen bereits in Position. Aber es ging vor allem um die groe Show und die jedenfalls beherrscht der Entertainer Trump. Das ist so klar wie seine Botschaft: Rache.
Trumps «Blitzkrieg» gegen die trans Community
Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» titelte «Trumps Blitzkrieg». Seine Rckkehr ins Weie Haus zelebriere lustvoll einen «multiplen Blitzkrieg», wobei die Hlfte der Nation als Feind in einer Art «Stammesfehde» gesehen werde. Und wenn er von Gerechtigkeit spreche, habe er «Siegerjustiz» im Sinn. Fr seine Anhnger*innen war das gerade deshalb ein Riesenspektakel, bei dem das Publikum mit Standing Ovation begeistert mitspielte. Ist das zum Staunen oder doch eher zum Kotzen?
Trump wei, wie man das soziale Netz fr sich arbeiten lsst und hatte gut sichtbar die Tech-Milliardre gleich hinter sich. Er beherrscht den TikTok-Stil perfekt und lieferte in seiner Rede lauter Gedankenschnipsel, die zu verstehen gaben: Er ist nicht der Prsident aller in den USA, sondern spricht lieber von einer «Bewegung». Adressiert waren nur die, die ihr angehren, indem sie ihn gewhlt haben. Gesellschaftlicher Zusammenhalt interessiert ihn nicht im Mindesten, die Spaltung der Gesellschaft in Freund und Feind umso mehr.
Dazu passt, dass er wie zu erwarten war den Kampf gegen Diskriminierung fr beendet erklrt, um zusammen mit seinem Rachefeldzug die Schleusen fr Diskriminierung jetzt weit zu ffnen. Gewiss, er tut hier, was er am besten kann Panik und Hysterie verbreiten. Dass die trans Community dabei im Fokus steht, war leider zu erwarten, weil es eines der Wahlkampfversprechen war.
Transfeindliche Klassiker diesseits und jenseits des Atlantiks
Natrlich macht das uns Angst in Europa ebenso wie in Deutschland. Denn Rechtspopulismus verpestet auch hier das gesellschaftliche Klima. Aber wie wre es mit Wut anstatt mit Angst? Und noch besser und nachhaltiger ist auf jeden Fall ein klarer Verstand. Die transfeindlichen Kampagnen diesseits und jenseits des Atlantiks haben die gleiche Sprache und nhren sich von der gleichen Menschenverachtung. Wem das in der queeren Community nicht jetzt endlich aufgegangen ist, dem ist wirklich nicht zu helfen. Andererseits haben wir bei uns eine andere politische Gemengelage und ein Kanzler ist kein US-Prsident. Ich komme darauf zurck.
Aus dem Riesenstapel Trumps mchte ich zwei Dekrete erwhnen. Zunchst das Dekret «Defending women from gender ideology extremism and restoring biological truth to the Federal Government». Es bedient erwartungsgem die transfeindlichen Klassiker, wie wir sie hierzulande vorzugsweise von Terfs, der AfD und dem BSW kennen: Trans Frauen seien eine Bedrohung fr cis Frauen, trans Frauen seien Mnner und es gebe nur zwei Geschlechter.
Was noch auffllt: Der Erlass spricht ausschlielich von trans Frauen. Und in genau diesem Punkt treffen sich die Verteidiger des Patriarchats jenseits des Atlantiks und unsere heimischen Terfs, die unter angeblich feministischer Flagge ihr Unwesen treiben. Der politische Zuspruch von konservativ bis rechts ist ihnen dabei sicher. Der vermeintliche Schutz von cis Frauen dient am Ende der Aufrechterhaltung ihrer Unterdrckung und zur Festigung reaktionrer Allianzen.
Bezeichnend, dass die Geschlechtsidentitt, die fr trans, inter und nichtbinr entscheidend ist, zum Trigger Nummer eins erklrt wird. Bundesbehrden in den USA sollen nicht mehr nach der Geschlechtsidentitt fragen drfen, sondern nur nach dem Geburtsgeschlecht. Sie sollen sicherstellen, dass geschlechtsspezifische Rume nach «biologischem Geschlecht'» und nicht nach Identitt ausgewiesen werden. Fr diese und noch weitere Anordnungen soll es bereits in einem Monat ein entsprechendes Gesetz geben. Auch bei uns erweist sich Biologismus als politischer Brandbeschleuniger.
Trans Menschen als Betriebsstrung im patriarchalen System
Von Konservativen und Rechten wurden trans Menschen schon immer als Betriebsstrung im patriarchalen System angefeindet. Denn fr sie stren wir die traditionellen Bilder von Frau, Familie und Ehe, diese fr sie ewigen Werte und die nie einen anderen Zweck erfllten, als die Macht des Mannes aufrechtzuerhalten. Daran hat sich im Grunde bis heute nichts gendert. Fatal ist, dass feministische Gruppen dabei mitwirken.
Weil die trans Community heute sichtbarer und selbstbewusster auftritt und die Rechten gerade oben schwimmen, konnte die politische Instrumentalisierung der trans Debatte zu dem werden, was sie heute ist eine schrille Anhufung von Desinformation, Panikmache und Missbrauchsunterstellungen. Im brigen ist die Erfllung von trans Rechten kein Gnadenerweis und auch keine Frage des guten Willens, sondern weil wir als Menschen das Recht haben, Rechte zu haben.
Identittspolitik und Antidiskriminierung sind weitere Trigger in den konservativen und rechten Diskursen. Deshalb konnte ein anderes Dekret, das die sofortige Abschaffung des unter Prsident Biden initiierten Diversity-Equity-Inclusion-Programms (D.E.I.) vorsieht, ebenso wenig berraschen. Vergleichbar ist das D.E.I. mit unserem Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das sich gegen jegliche Diskriminierung in allen gesellschaftlichen Bereichen wendet vor allem auch in der Arbeitswelt. Und damit nicht genug: Gecancelt werden soll auch das seit 1964 im Brgerrechtsgesetz (Civil Rights Act) festgeschriebene Verbot von Diskriminierung aufgrund bestimmter Merkmale.
Selbst in der Community gibt es Stimmen, die Identittspolitik und so das Eintreten fr trans Rechte als Ursache fr das Erstarken des Rechtspopulismus ansehen. Unglaublich, als ob Leisetreterei und Wegducken die Lsung wren. Nein, unsere Forderungen werden nicht dadurch falsch, dass wir auf Widerstand stoen. Dass wir damit die Gesellschaft spalten, ist einfach nur Fake. Klar, wer wie wir eine Geschlechterordnung will, in der alle Menschen gleich in ihrer Verschiedenheit sind die Betonung liegt auf gleich und verschieden -, greift ins Eingemachte der Heteronormativitt. Und davon wrden am Ende alle profitieren, auer den Trumps und Putins.
Trans Aktivismus steht immer noch am Anfang
Was heit das nun fr den trans Aktivismus? Dass wir bei allem immer noch am Anfang stehen und wir nichts wirklich sicher haben, sofern es nicht Grundrechtsschutz geniet, also in unserer Verfassung verankert ist. Gesetze jedenfalls knnen durch Gesetze abgeschafft werden. Wir erinnern uns, wo berall in den Wahlprogrammen «Abschaffung des Selbstbestimmungsgesetzes» steht.
Trotzdem braucht es dafr Mehrheiten, die freilich mit Lchern in der Brandmauer leicht zu haben wren. Umso erfreulicher, dass es bei uns auch noch ein EU-Recht gibt, dass Vorrang geniet und zuletzt zwei fr die trans Community wichtige Gerichtsurteile fllte, nmlich die Anerkennung der geschlechtlichen Identitt und die verpflichtende Anerkennung der Identitt in allen Mitgliedslndern der EU.
Friedrich Merz und die Union spielen derweil mit dem Feuer und scheinen beim Thema Migration festentschlossen zu sein, ein Loch in die vielbeschworene Brandmauer zu reien. Die Rechnung wird am 23. Februar nicht aufgehen, weil ihm gemigte Whler*innen weglaufen und fr andere es ein Signal sein wird, doch besser das rechtsextreme Original zu whlen. Alice Weidel hat auf dem AfD-Parteitag demonstriert, wie gut sie «Remigration» buchstabieren kann und der Union inzwischen unverblmt Avancen gemacht. Herr Merz hat derweil nichts Besseres zu tun als, Trump zu imitieren, um zu erzhlen, was er als Kanzler am ersten Tag alles machen will. Wenn das nicht peinlich ist.
Und was gibt es sonst noch in Sachen Aktivismus? Weil es wie eine wohlfeile Phrase klingt, traue ich es mir kaum zu sagen: Wir mssen der Mehrheitsgesellschaft immer und immer wieder erklren, dass unsere Grundrechte auch ihre sind. Und wo uns Freiheit genommen wird, sind sie die nchsten, die sie verlieren. Ich wrde mir eine Identittspolitik wnschen, die auf das Gemeinsame und Verbindende setzt. Also seien wir laut gegen die, die uns bekmpfen, und vergessen nicht, dass Anerkennung keine Einbahnstrae ist. Demokratie mag anstrengend sein, aber ich kenne nichts Besseres.